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Auf den Spuren eines Gespenstes

Seit einigen Jahren ist in Europa, wenn nicht weltweit, ein wiedererwachendes Interesse an Marx-Studien zu beobachten. Trotz der Behauptung, dass es aus der Mode gekommen sei, steht das Marxsche Denken mit seinem Erklärungs- und Kritikpotential offensichtlich noch immer auf der Tagesordnung, wenn es darum geht, die heutige Welt und ihre Widersprüche zu analysieren und zu kritisieren.

Auch in Italien hat man nach vielen Jahren der Stille wieder begonnen, sich mit seinem Werk intensiver auseinanderzusetzen. Signum dafür ist auch die internationale Konferenz „Auf den Spuren eines Gespenstes. Das Marxsche Werk zwischen Philologie und Philosophie“, die von der Universität von Neapel „Federico II“, dem Universitätsinstitut „Suor Orsola Benincasa“, der Universität von Neapel „L’Orientale“ sowie der Universität Bari und mit Unterstützung verschiedener Kulturinstitute – wie dem renommierten „Istituto Italiano per gli Studi Filosofici“ – veranstaltet wurde. Dreißig namhafte Marxforscher aus aller Welt – aus Europa, aber auch aus Japan, Mexiko und China – sind der Einladung gefolgt und zwischen dem 1. und dem 3. April 2004 in Neapel zusammengekommen. Das Treffen war von großem Publikums- und Medieninteresse und regen Diskussionen begleitet, was vor allem auch durch eine aufwendige simultane Verdolmetschung der Beiträge und Debatten in vier Sprachen ermöglicht wurde. So gelang es, ein echtes internationales Forum des Gedankenaustausches und der wissenschaftlichen Kontroverse zu schaffen, aber auch Perspektiven für zukünftige Zusammenarbeit zu eröffnen.

Die internationale Konferenz war in fünf Sektionen gegliedert. Zunächst wurden die textphilologischen Grundlagen reflektiert, auf denen heute jede seriöse Beschäftigung mit Marx beruhen muss. Es folgten Sektionen zum jungen Marx und seinen philosophischen Grundlagen sowie zum „Kapital“. Eine eigene Sektion war der Präsentation wichtiger internationaler Foren des intellektuellen und wissenschaftlichen Austausches der Marx-Forschung gewidmet.

Und schließlich wurde die Frage der Aktualität des Marxschen Denkens diskutiert. Ein wichtiges Ziel der Organisatoren war es, die Arbeit an der historisch- kritischen Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA) dem italienischen Publikum vorzustellen. Der erste Teil der Konferenz war deshalb den Protagonisten dieses Unterfangens vorbehalten. Manfred Neuhaus (Berlin), der Sekretär der Internationalen Marx-Engels-Stiftung, skizzierte die wechselvolle Geschichte der Ausgabe, ihren Aufbau und ihre Editionsgrundsätze: Vollständigkeit – was die Publikation großer Mengen unveröffentlichten Manuskriptmaterials in der MEGA einschließt –, authentische Textwiedergabe und Dokumentation der Textgenese. Dass sich aus diesen Editionsprinzipien neue Perspektiven im Blick auf das Marxsche Werk ergeben, ja dass dieses selbst durch Autorschaftsanalysen bei anonym erschienenen Schriften neue Konturen erhält, konnte Neuhaus am Beispiel jüngst publizierter Bände der MEGA demon- strieren. Gerald Hubmann (Berlin) ergänzte diese Ausführungen mit Überlegungen zum ,Dekonstruktivismus‘ der modernen historisch-kritischen Editionsphilologie. Hier würde nicht mehr – wie in früheren ,Klassiker‘-Ausgaben – in apologetischer Absicht vollendet, was die Autoren selbst nicht fertig gestellt hätten, stattdessen eröffne die Rekonstruktion des authentischen Textmaterials den eigentlichen Problemhorizont des Denkens großer Autoren, wie Hubmann an Beispielen aus dem Marxschen Werk illustrierte.

Der Beitrag Izumi Omuras, des Direktors einer Arbeitsgruppe der MEGA an der Universität von Sendai (Japan), lieferte ein Beispiel für die internationale Zusammenarbeit des Projektes: In japanisch-russisch-deutscher Forschungskooperation wurden die Bearbeitungsmanuskripte zum zweiten Buch des „Kapital“ ediert und mit mo- dernster Technik digital aufbereitet. Malcolm Sylvers (Venedig) gab einen Überblick über die dritte Abteilung der MEGA, die den Briefwechsel enthält. Als Charakteristikum hob Sylvers hervor, dass in der MEGA, im Unterschied zu vorhergehenden Ausgaben, auch die Briefe an Marx und Engels chronologisch eingeordnet würden, was die dialogische Struktur des Briefwechsels hervortreten lasse, wodurch ein wirkliches Verständnis der weit verzweigten Briefkorrespondenz von Marx und Engels überhaupt erst ermöglicht werde. Gian Mario Bravo (Turin) schließlich konzentrierte sich in seinem Beitrag auf die historische Rekonstruktion der Verbreitung des Marxismus und der Marx- Rezeption in Italien in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er konnte zeigen, dass der italienische Sozialismus zwar seinem Selbstverständnis nach marxistisch war, in Wahrheit aber dem Marxschen Denken ziemlich fern stand.

Die zweite Sektion, „Kritik der Philosophie und Kritik der Politik beim jungen Marx“ war der Präsentation und Diskussion einiger neuer Auslegungen der Marxschen Frühschriften gewidmet. Giuseppe Cacciatore (Neapel), Gianfranco Borrelli (Neapel) und Stathis Kouvelakis (London) befassten sich dabei primär mit den Schriften von größerer politischer Betonung: Cacciatore unter- suchte die Frage des demokratischen Gedankens bei Marx, indem er das enge Verhältnis zwischen dem liberal-demokratischen Engagement der „Rheinischen Zeitung“ und den während dieser Phase gereiften philosophischen Ideen hinsichtlich des Widerspruchs zwischen der Zufälligkeit der Privatinteressen und der Wahrheit einer universellen Freiheit untersuchte. Borrelli und Kouvelakis analysierten die Marxschen Arbeiten zwischen 1843 und 1852 und schlossen daraus auf die große Bedeutung derselben für die zukünftigen theoretischen Entwicklungen. Die Beiträge des zweiten Teils der Sektion bezogen sich eher auf die philosophischen Grundlagen: So sprachen Peter Thomas (Queensland/Australien) und Mario Cingoli (Mailand) über die komplexe Beziehung zwischen Idealismus und Materialismus in den Marxschen Frühwerken. Ersterer untersuchte die Dissertation „Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie“ – wobei diese hier als erster theoretischer Text des jungen Marx gewertet wurde –, letzterer rekonstruierte die Genese des Marxschen Materialismus-Begriffs durch einen Vergleich zwischen den Jugendwerken „Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“ und den „Ökonomisch-philosophischen Manuskripten“ des Jahres 1844. Marcello Musto (Neapel) ging schließlich auf die Bedeutung der Pariser Zeit des Jahres 1844 für die geistige Entwicklung des jungen Marx ein.

Die dritte Sektion über „Das Kapital: die unvollendete Kritik“ war eine der bedeutsamsten des gesamten Treffens, an der viele wichtige internationale Gelehrte teilnahmen und durch eine Gegenüberstellung der unterschiedlichen Auslegungen des „Kapital“ dessen philologische und philosophisch-ökonomische Komplexität aufzeigten sowie ungelöste Fragen diskutierten. Der Einfluss Hegels auf Marx und sein Werk stand im Mittelpunkt der Referate von Roberto Finelli (Bari), Chris Arthur (Sussex/GB) und Riccardo Bellofiore (Bergamo). Finelli versuchte zu zeigen, wie die Grundstruktur des „Kapital“ aus dem Fichte-Hegelschen ,Zirkel des vorausgesetzt Gesetzten‘ abgeleitet werden könne und wie die Abstraktion vom Arbeitswert durch die reelle Subsumtion der Arbeitskraft durch das Kapital praktisch zu einer echten Abstraktion wird. Arthur behandelte die bedeutsame Homologie zwischen dem Tauschvorgang, der eine praktische Abstraktion von der natürlichen Eigenart der Waren hervorruft, und dem Gedankenvorgang, der ein System von Denkkategorien schafft, und schloss daraus die Möglichkeit, die Wertformen über die Hegelschen Denkkategorien zu erklären.

Bellofiore ging auf diese Fragen durch eine umfassende Darstellung der jüngsten Literatur zu diesem Thema ein. Von den anderen Vortragenden befasste sich Enrique Dussel (Mexico City) eingehend mit der Genese der Marxschen Kategorie der „Quelle“ der Wertschöpfung sowie mit dem Kreislauf des Kapitals, dessen Grenzen in der lebendigen Arbeit, in der Subjektivität des noch nicht subsumierten Arbeitenden liegen, und brachte dieses Konzept mit der derzeitigen Situation in Lateinamerika und seiner Masse von Arbeitslosen in Verbindung. Geert Reuten (Amsterdam) hingegen sprach über die abstrakte Arbeit als innere Substanz des Wertes der Waren und ihre Eigenschaft, letztere in homogene Mengen umzuwandeln. Wolfgang Fritz Haug (Berlin) untersuchte die Veränderungen, die Marx am ersten Buch des „Kapital“ von der ersten Ausgabe 1867 bis zu seiner französischen Übersetzung von 1872–1875 vorgenommen hatte und interpretierte diese Transformationen als Übergang zu einem neuen geschichtsphilosophischen Paradigma. Jacques Bidet (Paris) stellte schließlich sein metastrukturelles Rekonstruktionsprojekt des „Kapital“ vor, mit dem er Lösungen für lange diskutierte Problemfelder der „Kapital“-Konzeption bieten möchte.

Die vierte Sektion war in zwei Abschnitte geteilt. In einem ersten Teil wurden zwei bedeutende wissenschaftliche Publikationsprojekte dem internationalen Fachpublikum präsentiert: Das „Historisch-kritische Wörterbuch des Marxismus“, das bereits beim sechsten der vorgesehenen fünfzehn Bände an- gelangt ist und der erste Band des von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung neu herausgegebenen „Marx-Engels-Jahrbuchs“, der ausschließlich einer Neuedition von wichtigen Teilen der „Deutschen Ideologie“ gewidmet ist. Der zweite Teil der Sektion war als Runder Tisch organisiert und der Diskussion und dem Erfahrungsaustausch einiger wichtiger internationaler („Actuel Marx“, „Historical Materialism“, „International Socialism Journal“) und italienischer („Critica marxista“, „Alternative“, „Rivista del manifesto“) Magazine gewidmet, die in den vergangenen Jahren Reflexionen zu Marx nicht aus ihrem Interessensbereich gestrichen und Überlegungen zur möglichen Anknüpfung an sein Denken in den verschiedenen Bereichen der gegenwärtigen Welt angestellt haben.

Die fünfte und letzte Sektion „Ein Heute für Marx“ wurde unter Reflexion auf die gegenwärtige internationale Situation eröffnet, die ein neues Marx-Studium ohne Behinderung durch politische Einflüsse erlaubt, die in der Vergangenheit so maßgeblich und irreführend waren. Erst jetzt sind seine Person, seine Werke und sein Denken in vollem Umfang der Erforschung und kritischen Diskussion zugänglich geworden. Abgesehen von den marxistischen Perspektiven verschiedener nationaler Entwicklungen – Wei Xiaoping (Peking) sprach über die Marxforschung in China, Alex Callinicos (York/GB) beschrieb den angelsächsischen Marxismus in den letzten Jahrzehnten – berührte der internationale Vergleich aktueller Perspektiven politische, philosophische und ökonomische Themen. Domenico Losurdo (Urbino) beschäftigte sich zunächst mit den verschiedenen Literaturgenres in den Marxschen Schriften, denen er unterschiedliche politische Intentionen zuordnete, um von dort aus Linien zu möglichen aktuellen Optionen, insbesondere zum Utopismus, zu ziehen. Andre ́ Tosel (Nizza) und Domenico Jervolino (Neapel) brachten gegen das Paradigma der Selbsterzeugung des Menschen ihre Konzeption eines „Communisme de la finitude“ zur Sprache, die schon früher Gegenstand ihrer Arbeiten gewesen war.

Michael Krätke (Amsterdam) betonte im abschließenden Beitrag die un- verminderte Aktualität der Marxschen Kritik der Politischen Ökonomie in der gegenwärtigen Krise der Hegemonie des neoliberalen Denkens. Allerdings sei diese Chance nur zu nutzen, wenn sich die Marxisten an die Bearbeitung der ungelösten Probleme machten, die in Marx’ unvollendetem Werk nach wie vor zu finden seien. Indem Krätke auf die Unabgeschlossenheit des Marxschen „Kapital“-Entwurfes explizit noch einmal hinwies und dazu ermunterte, sich besser auf die Manuskriptlage zu konzentrieren, statt sich mit Interpretationen zur Marxschen dialektischen Methode zu befassen, schlug er den Bogen zu- rück zur Marx-Philologie, fokussierte zugleich aber auch noch einmal die bis heute nicht entschiedenen Kontroversen der Forschung zum Marxschen Werk.

Die Konferenz zeigte somit, dass die fachwissenschaftlichen Debatten um Marx in vollem Gange sind. Parallel dazu ist der seit 1998 in einem veränderten Rahmen erscheinenden Marx-Engels-Gesamtausgabe eine beträchtliche internationale Aufmerksamkeit zuteil geworden, und das mit Recht: Denn mit der MEGA werden die Textgrundlagen bereitgestellt, auf die jede wissenschaftliche Lektüre rekurrieren muss, und es wird durch die historisch-kritische Edition zugleich eine der Haupteigenschaften des Marxschen Werkes sichtbar: seine Unvollendetheit. Diese mindert den Wert seines Denkens in keiner Weise, sondern es zeigt sich vielmehr ein vielseitiges und polymorphes Vermächtnis, das uns Gelegenheit zur Kritik der Theorie, vielleicht aber auch Möglichkeiten der Anknüpfung bietet.

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Odyssee und neue Perspektiven des Werks von Karl Marx

Von tausend Sozialisten hat vielleicht einer eine ökonomische Schrift von Marx gelesen, von tausend Antimarxisten nicht einmal einer.

 

I. EINLEITUNG
Wenige Menschen haben die Welt aufgerüttelt wie Karl Marx. Auf seinen Tod folgte unmittelbar, mit einer Geschwindigkeit, die in der Geschichte kaum ihresgleichen hat, das Echo des Ruhms. Sehr bald führten die Arbeiter von Chicago und Detroit, genau wie die frühen indischen Sozialisten in Kalkutta, den Namen Marx im Munde. Sein Bild hing im Hintergrund beim Kongress der Bolschewiki in Moskau nach der Revolution. Sein Denken inspirierte Programme und Satzungen aller politischen und gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiterbewegung, von ganz Europa bis nach Shanghai. Seine Ideen haben die Philosophie, die Geschichte, die Ökonomie unwiderruflich verändert.
Doch, trotz der Durchsetzung seiner Theorien, die im 20. Jahrhundert für einen Großteil der Menschheit zur herrschenden Ideologie und Staatsdoktrin wurden, und ungeachtet der enormen Verbreitung seiner Schriften, fehlt es bis heute an einer integralen, wissenschaftlichen Edition seiner Werke. Unter den großen Autoren der Menschheit wurde dieses Schicksal allein ihm zuteil.
Ein Hauptgrund für diese Sonderstellung liegt in dem weitgehend unvollständigen Charakter seines Werks. Sieht man nämlich von den Zeitungsartikeln ab, die in den fünfzehn Jahren zwischen 1848-1862 erschienen, größtenteils in der «New-York Tribune», die zu jener Zeit zu den wichtigsten Tageszeitungen der Welt zählte, so wurden im Vergleich zu den zahlreichen nur teilweise verwirklichten Arbeiten und dem beeindruckenden Berg durchgeführter Untersuchungen nur relativ wenige Werke veröffentlicht. Bezeichnenderweise antwortete Marx, als Karl Kautsky ihn 1881, einem von Marx’ letzten Lebensjahren, über die Möglichkeit einer vollständigen Edition seiner Werke befragte: «sie müssten erst sämtlich geschrieben sein» .
Marx hinterließ also weitaus mehr Manuskripte als in Druck gegebene Werke. Im Gegensatz zur verbreiteten Meinung war sein Werk fragmentarisch, bisweilen widersprüchlich, und diese Aspekte unterstreichen eins seiner Hauptmerkmale, nämlich die Unvollendetheit. Marxens überaus strenge Methode und schonungslose Selbstkritik, die die Beendigung vieler in Angriff genommener Arbeiten unmöglich machten; die äußerst elenden Lebensbedingungen und der andauernd schlechte Gesundheitszustand, die ihn sein ganzes Leben lang plagten; der unerschöpfliche Erkenntnisdrang, der die Jahre hindurch unverändert blieb und ihn zu immer neuen Studien trieb; schließlich das in reifem Alter erlangte Bewusstsein von der Schwierigkeit, die Komplexität der Geschichte in einem theoretischen Projekt zu fassen – all dies machte aus der Unvollendetheit die treue Begleiterin und den Fluch von Marxens gesamter Produktion, aber auch seines Lebens. Der kolossale Plan seines Werks wurde nur zum geringsten Teil ausgeführt, so dass seine unablässigen intellektuellen Bemühungen literarisch gesehen scheiterten. Nichtsdestotrotz erwiesen sie sich als genial und außerordentlich folgenreich .
Dem fragmentarischen Charakter von Marx’ Nachlass und seinem Veto gegen die Schaffung einer weiteren Soziallehre zum Trotz, wurde das unvollendete Werk indes umgewälzt und ein neues System, der «Marxismus», entstand.

II. MARX UND DER MARXISMUS: UNVOLLENDETHEIT VERSUS SYSTEMATISIERUNG
Nach dem Tod von Marx, im Jahr 1883, widmete sich Friedrich Engels als erster dem Unterfangen, den Nachlass seines Freundes in Druck zu geben, das sich angesichts der Zerstreutheit des Materials, der verworrenen Sprache und der Unleserlichkeit der Schrift als äußerst schwierig erwies. Seine Arbeit konzentrierte sich auf die Rekonstruktion und Auswahl der Originale, die Publikation unveröffentlichter oder unvollständiger Texte und gleichzeitig auch auf die Neuherausgabe und Übersetzung der schon bekannten Schriften.
Mit wenigen Ausnahmen, wie den [Thesen über Feuerbach] , die 1888 im Anhang zu seinem Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie publiziert wurden, und der [Kritik des Gothaer Programms], die 1891 erschien, gab Engels der Redaktionsarbeit für die Vollendung des Kapitals, von dem nur das erste Buch fertiggestellt worden war, den unbedingten Vorrang. Diese Anstrengung, die über ein Jahrzehnt in Anspruch nahm, wurde in der erklärten Absicht unternommen, «ein zusammenhängendes und möglichst abgeschloßnes Werk» herzustellen. Auch wenn diese Entscheidung verständlichen Anforderungen entsprach, bewirkte sie den Übergang von einem partiellen, vorläufigen Text, der in weiten Teilen aus «in statu nascendi niedergeschriebenen Gedanken» und vorbereitenden Aufzeichnungen bestand, die Marx sich gewöhnlich für weitere Ausarbeitungen der behandelten Themen vorbehielt, zu einem anderen, einheitlichen Text, der den Anschein einer systematischen und vollendeten ökonomischen Theorie erweckte. Im Zuge seiner Redaktionsarbeit, während er jene Texte sichtete, die keine Endfassungen, sondern Varianten darstellten, ließ Engels sich von dem Anliegen der Vereinheitlichung leiten und rekonstruierte die von endgültigen Texten weit entfernten Bücher zwei und drei des Kapitals nicht in ihrer Entstehung und Entwicklung, sondern gab abgeschlossene Bände in Druck .
Im Übrigen, hatte er schon vorher mit seinen eigenen Schriften dazu beigetragen, einen Prozess theoretischer Systematisierung in Gang zu bringen. Der 1878 erschienene Anti-Dühring, den er als «mehr oder minder zusammenhängende Darstellung der von Marx und mir vertretnen dialektischen Methode und kommunistischen Weltanschauung» bezeichnete, wurde zum zentralen Bezugspunkt bei der Herausbildung des «Marxismus» als System und bei dessen Differenzierung von dem zu jener Zeit vorherrschenden eklektischen Sozialismus. Noch größeren Einfluss hatte Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, einer umgearbeiteten Version von drei Kapiteln der vorzitierten Schrift zu Verbreitungszwecken, die erstmals 1880 erschien und ähnlich erfolgreich war wie das Manifest der kommunistischen Partei. Wenngleich ein klarer Unterschied bestand zwischen dieser Art von Popularisierung, die sich in offener Polemik gegen die simplizistischen Verkürzungen der enzyklopädischen Synthesen vollzog, und derjenigen, die dagegen von der Folgegeneration der deutschen Sozialdemokratie betrieben wurde, ebnete Engels’ Rekurs auf die Naturwissenschaften jedoch der evolutionistischen Konzeption den Weg, die sich wenig später auch in der Arbeiterbewegung durchsetzen sollte.

Marx’ unzweifelhaft kritisches, offenes, wenn auch von deterministischen Versuchungen nicht gänzlich unberührtes Denken fiel dem kulturellen Klima im Europa des ausgehenden 19. Jahrhunderts zum Opfer, das wie nie zuvor von systematischen Konzeptionen, allen voran dem Darwinismus, durchdrungen war. Um derlei Konzeptionen sowie dem Bedürfnis nach Ideologie zu entsprechen, das auch in den Reihen der Arbeiterbewegung wuchs, nahm der neugeborene «Marxismus», der in der von Kautsky herausgegebenen Zeitschrift «Die Neue Zeit» frühzeitig Orthodoxie geworden war, sehr bald dieselbe Gestalt an. Eine entscheidende Rolle spielten in diesem Zusammenhang die in der deutschen Partei verbreitete Unkenntnis und Aversion gegen Hegel – ein wahres Buch mit sieben Siegeln – und gegen dessen Dialektik, die gar betrachtet wurde als das «Verräterische in der Marxschen Doktrin, der Fallstrick, der aller folgerichtigen Betrachtung der Dinge im Wege liegt» .
Weitere Faktoren, die zur Umwandlung von Marxens Werk in ein System beitrugen, lassen sich in den Modalitäten seiner Verbreitung ausmachen. Wie die geringe Auflage der damaligen Ausgaben seiner Texte beweist, wurden vorzugsweise zusammenfassende Bändchen und sehr verkürzte Abrisse rezepiert. An einigen seiner Werke machten sich zudem die Wirkungen politischer Instrumentalisierung bemerkbar. So tauchten die ersten von den Herausgebern umgearbeiteten Ausgaben auf. Begünstigt durch die Ungewissheit des marxschen Nachlasses, setzte sich diese Praxis, zusammen mit der Zensur einiger Schriften, immer mehr durch. Die Handbuchform, ein bedeutendes Vehikel für die Verbreitung von Marx’ Denken in der Welt, war sicher ein sehr wirksames Propagandawerkzeug, bedeutete aber auch eine Verfälschung der ursprünglichen Konzeption. In der Begegnung mit dem Positivismus und in der Anpassung an die praktischen Erfordernisse der proletarischen Partei übersetzte sich die Verbreitung seines komplexen, unvollendeten Werks schließlich in Verarmung und Vulgarisierung des ursprünglichen Erbes , bis es, von Kritik in Weltanschauung verwandelt, ganz und gar unkenntlich war.
Aus diesen Entwicklungsprozessen ergab sich eine Doktrin, die auf einer schematischen, elementar evolutionistischen und mit ökonomischem Determinismus getränkten Interpretation fußte: der «Marxismus» zur Zeit der Zweiten Internationale (1889-1914). Vom ebenso festen wie naiven Glauben an den automatischen Fortgang der Geschichte und somit an die unausbleibliche Ablösung des Kapitalismus durch den Sozialismus geleitet, erwies sie sich als unfähig, den realen Gang der Gegenwart zu begreifen, und erzeugte eine Art fatalistischen Quietismus, der bald zu einem Stabilitätsfaktor der bestehenden Ordnung geriet, indem man die notwendige Verbindung zur revolutionären Praxis durchtrennte . So wurde der große Abstand zu Marx offenbar, der schon in seinem ersten Werk erklärt hatte: «Die Geschichte tut nichts […]; es ist nicht etwa die ‘Geschichte’, die den Menschen zum Mittel braucht, um ihre – als ob sie eine aparte Person wäre – Zwecke durchzuarbeiten, sondern sie ist nichts als die Tätigkeit des seine Zwecke verfolgenden Menschen» .
Die Zusammenbruchstheorie, das heißt die These vom bevorstehenden Ende der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, die in der zwanzigjährigen Wirtschaftskrise der Großen Depression ab 1873 einen günstigen Nährboden fand, wurde als inneres Wesen des wissenschaftlichen Sozialismus ausgegeben. Die Ausführungen von Marx, die darauf abzielten, die dynamischen Prinzipien des Kapitalismus zu skizzieren und dessen allgemeine Entwicklungstendenz zu beschreiben , wurden in allgemeingültige historische Gesetze verkehrt , von denen sich vermeintlich der Gang der Ereignisse bis in die Einzelheiten ableiten ließ.
Die Vorstellung vom in den letzten Zügen liegenden, von selbst zum Untergang bestimmten Kapitalismus war auch im theoretischen Ansatz der ersten gänzlich «marxistischen» Plattform einer politischen Partei, dem Erfurter Programm von 1891, und in dem diesbezüglichen Kommentar Kautskys zu finden. Dieser verkündete: «die unaufhaltsame ökonomische Entwicklung führt den Bankrott der kapitalistischen Produktionsweise mit Naturnotwendigkeit herbei. Die Bildung einer neuen Gesellschaftsform an Stelle der bestehenden ist nicht mehr bloß etwas Wünschenswertes, sie ist etwas Unvermeidliches geworden» . Der Kommentar war der bedeutendste und offensichtlichste Ausdruck der inneren Grenzen der Ausarbeitung jener Zeit und offenbarte die tiefe Kluft im Verhältnis zu dem, an dem sie sich inspirierte.
Selbst Eduard Bernstein, der mit seiner Auffassung des Sozialismus als Möglichkeit, statt als Unausweichlichkeit einen Bruch mit den herrschenden Interpretationen der Zeit vollzogen hatte, lieferte von Marx eine ebenso verzerrte Interpretation, die sich nicht im mindesten von den zeitgenössischen Lesarten unterschied. Durch die große Resonanz der Bernstein-Debatte trug er zur Verbreitung eines gleichermaßen verfälschten und instrumentalisierten Marx-Bildes bei.

Der russische «Marxismus», der im Verlauf des 20. Jahrhunderts eine grundlegende Rolle bei der Verbreitung des marxschen Denkens spielte, verfolgte den Weg der Systematisierung und Vulgarisierung mit gar noch größerer Starrheit.
Nach Ansicht seines ersten wichtigen Pioniers, Georgij Plechanow, war der Marxismus nämlich «eine ganze Weltanschauung» , die er im Sinn eines simplizistischen Monismus interpretierte, wonach die Veränderungen im Überbau der Gesellschaft im Gleichschritt mit den ökonomischen Veränderungen vorangehen. In Materialismus und Empiriokritizismus von 1909 definiert Lenin den Materialismus als «Anerkennung der objektiven Gesetzmäßigkeit der Natur und der annähernd richtigen Widerspiegelung dieser Gesetzmäßigkeit im Kopf des Menschen» . Wille und Bewusstsein der Menschheit müssen sich «unvermeidlich und notwendig» der Naturnotwendigkeit anpassen. Wiederum trägt der positivistische Ansatz den Sieg davon.
Trotz des scharfen ideologischen Kontrasts jener Jahre gingen also viele der Theorieelemente, welche die Entstellung des marxschen Denkens durch die Zweite Internationale geprägt hatten, in die Theorie ein, die fortan den kulturellen Hintergrund der Dritten Internationale bilden wird. Besonders deutlich spricht diese Kontinuität aus der 1921 erschienenen Theorie des historischen Materialismus von Nikolaj Bucharin, der meint: «Alle merken, dass in der Natur sowohl wie in der Gesellschaft eine bestimmte Regelmäßigkeit, eine bestimmte Gesetzmäßigkeit vorhanden ist. Es ist die erste Aufgabe der Wissenschaft, diese Regelmäßigkeit zu entdecken» . Dieser ausschließlich auf die Entwicklung der Produktivkräfte gestützte gesellschaftliche Determinismus brachte eine Doktrin hervor, nach der «die Vielheit der in der Gesellschaft wirksamen Ursachen keineswegs der Existenz einer einzigen einheitlichen Gesetzmäßigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung widerspricht» .
Von besonderem Interesse ist die Kritik von Antonio Gramsci, der einer Auffassung entgegentrat, in der die «Fragestellung als eine Suche nach Gesetzen, nach konstanten, regelmäßigen, gleichförmigen Linien […] mit dem etwas kindlich und naiv gefassten Bedürfnis zusammen[hängt], das praktische Problem der Vorhersehbarkeit der geschichtlichen Ereignisse endgültig zu lösen» . Seine klare Weigerung, die marxsche Philosophie der Praxis auf eine grobschlächtige Soziologie, «eine Weltauffassung auf ein mechanisches Formelwerk zu reduzieren, das den Eindruck macht, die ganze Geschichte in der Tasche zu haben» , war gerade deshalb von besonderer Wichtigkeit, weil er damit über Bucharins Schrift hinausging und die weit über diesen hinaus verbreitete Orientierung zu bekämpfen suchte, die in der Sowjetunion schließlich eine unangefochtene Vorherrschaft führen wird.
Mit der Durchsetzung des «Marxismus-Leninismus» fand die Entstellung des marxschen Denkens ihren endgültigen Ausdruck. Die Theorie wurde ihrer Funktion einer Leitschnur für das Handeln entkleidet, um dieses stattdessen nachträglich zu rechtfertigen. Unumkehrbar wurde der Prozess mit dem «Diamat» (Dialekticeskij materializm), der «Weltanschauung der marxistisch-leninistischen Partei» . Die wesentlichen Züge dieser Weltanschauung legte Stalins Bändchen Über dialektischen und historischen Materialismus aus dem Jahr 1938 fest, das eine außerordentliche Verbreitung erfuhr. Die Phänomene des kollektiven Lebens, so Stalin, stellen «Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung der Gesellschaft» dar, die «erkennbar» sind; «die Geschichte der Gesellschaft wird zur gesetzmäßigen Entwicklung der Gesellschaft, und die Erforschung der Geschichte der Gesellschaft verwandelt sich in eine Wissenschaft»: «Also kann die Wissenschaft von der Geschichte der Gesellschaft trotz aller Kompliziertheit der Erscheinungen des gesellschaftlichen Lebens zu einer genau so exakten Wissenschaft werden wie, sagen wir, die Biologie, zu einer Wissenschaft, die imstande ist, die Entwicklungsgesetze der Gesellschaft in der Praxis auszunutzen» . Für die Partei des Proletariats stelle sich folglich die Aufgabe, ihre eigene Aktivität auf diese Gesetze zu gründen. Offenkundig hat das Missverständnis der Begriffe ‚wissenschaftlich’ und ‚Wissenschaft’ hiermit seinen Höhepunkt erreicht. An die Stelle der Wissenschaftlichkeit der auf sorgfältigen und kohärenten theoretischen Kriterien fußenden marxschen Methode trat die Vorgehensweise der Naturwissenschaften, die keinerlei Widerspruch zuließ.
Im Verein mit dem ideologischen Katechismus fand der denkbar starrste, intransigenteste Dogmatismus einen fruchtbaren Boden. Völlig losgelöst von der gesellschaftlichen Komplexität, speiste er sich, wie immer, wenn er auftritt, aus einer ebenso arroganten wie unbegründeten Wirklichkeitserkenntnis. Was die nicht vorhandene Beziehung zu Marx angeht, reicht es, sein Lieblingsmotto in Erinnerung zu rufen: De omnibus dubitandum .
Die «marxistisch-leninistische» Orthodoxie setzte einen strengen Monismus durch, der unfehlbar auch die Schriften von Marx in ein verfälschendes Licht rückte. Zwar erlebte der «Marxismus» mit der sowjetischen Revolution unbestreitbar eine bedeutende Ausdehnung und Verbreitung in geografischen Gebieten und Gesellschaftsklassen, aus denen er bis dahin ausgeschlossen war. Doch wiederum betraf die Zirkulation der Texte nicht unmittelbar Marxens Schriften, sondern Parteihandbücher, Vademekums und «marxistische» Anthologien zu den verschiedensten Themen. Außerdem griff die Zensur bestimmter Werke, die Zergliederung und Manipulation anderer sowie die Praxis der Herauslösung von Zitaten aus dem Zusammenhang und ihrer geschickten Montage immer mehr um sich. Solchen Zitaten, auf die man zu festgesetzten Zwecken zurückgriff, wurde die gleiche Behandlung zuteil, die der Räuber Prokustes seinen Opfern angedeihen ließ: waren sie zu lang, wurden sie gekürzt, waren sie zu kurz, wurden sie gestreckt.

Sicher ist es ein schwieriges Unterfangen, ein gelungenes Verhältnis herzustellen zwischen Verbreitung und Nicht-Schematisierung eines Denkens, zwischen seiner Popularisierung und dem Anspruch, es nicht zu verarmen – namentlich wenn es sich um ein so kritisches und gewollt nichtsystematisches Denken handelt wie das von Marx. Ihm konnte aber jedenfalls nichts Schlimmeres widerfahren.
Von verschiedener Seite nach Maßgabe politischer Notwendigkeiten und Kontingenzen zurechtgebogen, wurde er mit diesen gleichgesetzt und in ihrem Namen verunglimpft. Seine kritische Theorie wurde nach Art der Auslegung von Bibelversen behandelt, und es entstanden die undenkbarsten Paradoxe. Stets war er dagegen gewesen, «Rezepte […] für die Garküche der Zukunft zu verschreiben» , und wurde zum Urheber eines neuen Gesellschaftssystems gemacht. Er war ein Kritiker der strengsten Sorte, der sich nie mit Endpunkten zufrieden gab, und wurde zur Quelle des halsstarrigsten Doktrinarismus. Unermüdlich hatte er die materialistische Geschichtsauffassung verfochten, und wurde seinem historischen Kontext mehr als jeder andere Autor entrissen. Er war überzeugt, «dass die Emanzipation der Arbeiterklasse durch die Arbeiterklasse selbst erobert werden muß» , und wurde für eine Ideologie vereinnahmt, in der die politischen Avantgarden und Parteispitzen in der Rolle von Förderern des Klassenbewusstseins und Revolutionsführern die Vorherrschaft davontrugen. Er war ein überzeugter Verfechter der Abschaffung des Staates und wurde zu dessen Bollwerk stilisiert. Wie wenige andere Denker war er an der freien Entwicklung der Individualität der Menschen interessiert gewesen, hatte – gegen das bürgerliche Recht, das die sozialen Ungleichheiten hinter einer rein legalen Gleichheit versteckt – gefordert, dass «das Recht, statt gleich, vielmehr ungleich sein» müsste , und wurde mit einer Konzeption gleichgesetzt, die den Reichtum der kollektiven Dimension in der Ununterschiedenheit der Homologisierung zunichte gemacht hat.
Die ursprüngliche Unvollendetheit der großen kritischen Arbeit von Marx ging unter dem Druck der Systematisierungsbestrebungen der Epigonen verloren, die unausweichlich die Entstellung seines Denkens herbeiführten, bis es schließlich ausgelöscht wurde und dastand als seine eigene Negation.

III. EIN VERKANNTER AUTOR
«Wurden je die Schriften von Marx und Engels […] von irgend jemandem außerhalb des engsten Freundes- und Schülerkreises, d. h. der unmittelbaren Gefolgsleute und Interpreten dieser Autoren lückenlos gelesen?» So formulierte Antonio Labriola 1897 die Frage, was von den Marx-Engels’schen Werken bis dahin bekannt war. Er kam zu einem unmissverständlichen Schluss: «Die Lektüre aller Schriften der Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus ist bis heute sozusagen ein Privileg der Eingeweihten»; der «historische Materialismus […] hat […] unendlich viele Missverständnisse, Zweideutigkeiten, groteske Verdrehungen, seltsame Verwandlungen über sich ergehen lassen müssen» . Ein imaginärer «Marxismus». In der Tat entsprang die Überzeugung, dass Marx und Engels tatsächlich gelesen worden seien, einer hagiografischen Legende, wie die spätere historiografische Forschung bewiesen hat. Viele ihrer Schriften waren nämlich auch in der Originalsprache rar oder unauffindbar. Der Appell des italienischen Wissenschaftlers, «eine vollständige und kritische Ausgabe aller Schriften von Marx und Engels zu besorgen» , entsprach somit einer unumgänglichen allgemeinen Notwendigkeit. Nach Labriola durfte es nicht darum gehen, Anthologien zusammenzustellen oder ein testamentum juxta canonem receptum zu verfassen, sondern «das ganze umfangreiche wissenschaftliche und politische Wirken der beiden Begründer des kritischen Sozialismus, ihre gesamte schriftstellerische Produktion, auch wenn sie gelegenheitsbedingt ist, muss der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden […], damit sie alle Lesewilligen unmittelbar ansprechen» . Über ein Jahrhundert später ist dieses Projekt noch immer nicht realisiert.
Neben solchen vorwiegend philologischen Betrachtungen stellte Labriola auch theoretische Überlegungen an, die für seine Zeit von erstaunlicher Weitsicht künden. Alle unabgeschlossenen Schriften und Arbeiten von Marx und Engels betrachtete er als «Fragmente einer ständig im Werden befindlichen Wissenschaft und Politik». Um zu verhindern, dass in ihnen gesucht werde, «was in ihnen nicht steht und nicht zu stehen hat», nämlich «eine Art Vulgata oder Gebotstafel für die Interpretation der Geschichte aller Zeiten und Orte», und um sie recht verstehen zu können, müssten sie in ihre Entstehungszeit und ihren Entstehungszusammenhang eingebettet werden. Dagegen würden diejenigen, die «das Denken und Wissen wie etwas materiell Existierendes auf[fassen], statt wie Aktivitäten in fieri», das heißt «die Doktrinäre und Vermessenen aller Spielarten, die geistige Leitbilder brauchen, die Hersteller von klassischen Systemen, gut für alle Ewigkeit, die Schreiberlinge von Textbüchern und Nachschlagewerken[,] im Marxismus zu Unrecht und völlig verkehrt das suchen, was er niemandem zu bieten beabsichtigte» : eine summarische, fideistische Antwort auf die Fragen der Geschichte.
Natürlicherweise hätte sich die Sozialdemokratische Partei Deutschlands der Verwirklichung der Opera omnia annehmen müssen, denn sie verwaltete den Nachlass und besaß die größten sprachlichen und theoretischen Kompetenzen. Doch die politischen Konflikte im Schoß der Sozialdemokratie verhinderten nicht nur die Publikation der gewaltigen und bedeutsamen Masse der marxschen Inedita, sondern führten auch zur Zerstreuung der Manuskripte. Die Hypothese einer systematischen Herausgabe wurde dadurch nachhaltig in Frage gestellt . Unfassbarerweise besorgte die deutsche Partei überhaupt keine Ausgabe und behandelte das literarische Erbe von Marx und Engels mit äußerster Nachlässigkeit . Keiner der Parteitheoretiker bemühte sich darum, eine Aufstellung des aus zahlreichen unvollständigen Manuskripten und unvollendeten Projekten bestehenden intellektuellen Erbes der beiden Gründer anzufertigen. Erst recht widmete sich niemand der Sammlung der umfänglichen, aber extrem verstreuten Korrespondenz, obwohl sie als Quelle für Klärungen, wenn nicht gar Fortsetzungen ihrer Schriften von größtem Nutzen ist. Die Bibliothek der von ihnen besessenen Bücher, die mit aufschlussreichen Randbemerkungen und Hervorhebungen versehen sind, wurde nicht beachtet, zum Teil zerstreut und erst später mühsam wieder zusammengetragen und katalogisiert .
Die erste Veröffentlichung des Gesamtwerks, die Marx Engels Gesamtausgabe (MEGA), wurde erst in den zwanziger Jahren auf Initiative von David Borisovič Rjazanov, wichtigster Marx-Kenner des 20. Jahrhunderts und Leiter des Marx-Engels-Instituts Moskau, in Angriff genommen. Auch dieses Unterfangen war indes zum Scheitern verurteilt aufgrund der turbulenten Wechselfälle der internationalen Arbeiterbewegung, die der Herausgabe ihrer Schriften allzu oft eher hinderlich als förderlich waren. Die stalinistischen Säuberungen in der Sowjetunion, die auch über den Forschern hereinbrachen, die das Projekt leiteten, und der Aufstieg des Nazismus in Deutschland bedingten den frühzeitigen Abbruch der Edition und machten auch diesen Versuch zunichte. So bildete sich ein grundsätzlicher Widerspruch heraus: es entstand eine starre Ideologie, die sich an einem zum Teil noch gar nicht erforschten Autor inspirierte. Die Durchsetzung des «Marxismus» und seine Kristallisierung in einem dogmatischen Korpus gingen der Kenntnis der Texte voraus, deren Lektüre für das Verständnis von Herausbildung und Entwicklung des marxschen Denkens unerlässlich war . Tatsächlich wurden die wichtigsten Jugendschriften erst mit der MEGA in Druck gegeben: die [Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie] 1927, die [Ökonomisch-philosophischen Manuskripte aus dem Jahre 1844] und [Die deutsche Ideologie] 1932. Einige wichtige vorbereitende Arbeiten zum Kapital wurden noch später und in so kleiner Auflage gedruckt, dass nur eine sehr geringe Verbreitung gewährleistet war: 1933 [Das Kapital. Erstes Buch. Sechstes Kapitel. Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses] und zwischen 1939 und 1941 die Hefte der [Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie]. Außerdem wurden diese Inedita von einer auf politische Erfordernisse zugeschnittenen Interpretation begleitet, die bestenfalls banale Korrekturen an der bereits feststehenden Lesart vornahm, sich aber nie in eine ernsthafte umfassende Neudiskussion des Werks übersetzte. Das gleiche gilt für alle anderen Inedita, die folgten – wenn sie nicht gleich verborgen wurden, aus Furcht, sie könnten den herrschenden ideologischen Kanon in Frage stellen.
Zwischen 1928 und 1947 wurde, ebenfalls in der Sowjetunion, die erste russische Werkausgabe, die Sočinenija (Sämtliche Werke), abgeschlossen. Dem Namen zum Trotz gab sie nur eine gewisse Anzahl der Schriften wieder, bildete jedoch mit ihren 28 Bänden (in 33 Büchern) die in jener Zeit umfänglichste Sammlung der beiden Autoren. Die zweite Sočinenija erschien hingegen zwischen 1955 und 1966 in 39 Bänden (42 Büchern). In der Deutschen Demokratischen Republik wurden zwischen 1956 und 1968 die 41 Bände (43 Bücher) der Marx Engels Werke (MEW) herausgegeben. Diese alles andere als vollständige Ausgabe wurde allerdings durch die Einleitungen und den Anmerkungsapparat aufgebläht, die nach dem Vorbild der sowjetischen Ausgabe konzipiert waren und die Lektüre entsprechend den Auffassungen des «Marxismus-Leninismus» lenkten.
Der Plan zu einer «zweiten» Mega, die sich die treue Wiedergabe sämtlicher Schriften der beiden Denker, einschließlich kritischem Apparat, zum Ziel setzte, wurde in den sechziger Jahren neu gefasst. Doch wurden die Publikationen, die 1975 begonnen hatten, abermals eingestellt, diesmal in Folge der Ereignisse von 1989. Mit dem Ziel, diese Ausgabe fortzusetzen, wurde 1990 vom «Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis» in Amsterdam und dem «Karl-Marx-Haus» in Trier die «Internationale Marx-Engels-Stiftung» (IMES) ins Leben gerufen. Nach einer anstrengenden Reorganisationsphase, in deren Verlauf neue Redaktionsprinzipien festgelegt wurden und der Akademie Verlag den Dietz Verlag ablöste, erscheinen seit 1998 die Bände der Marx-Engels Gesamtausgabe, der so genannten MEGA², weiter.
Die gewundenen Wege der Verbreitung von Marx’ Schriften und das Fehlen einer integralen Edition sind zusammen mit der ursprünglichen Unvollendetheit, der ruchlosen Arbeit der Epigonen, den tendenziösen Lektüren und den noch zahlreicheren Nicht-Lektüren die Hauptgründe für ein großes Paradox: Karl Marx ist ein verkannter Autor, Opfer eines tiefen, anhaltenden Missverständnisses . Er war es in der Zeit der politischen und kulturellen Hegemonie des «Marxismus», er ist es noch heute.

IV. EIN WERK FÜR DIE HEUTIGE ZEIT
Jetzt, da Marxens Werk von der schrecklichen Funktion eines instrumentum regni, die ihm in der Vergangenheit zugedacht worden war, befreit ist und die Fesseln des «Marxismus-Leninismus» endgültig abgeschüttelt hat, ist es endlich den freien Feldern des Wissens zurückgegeben. Sein wertvolles theoretisches Erbe, vermeintlichen Eigentümern und instrumentalisierter Verwendung entrissen, kann sich nun voll entfalten.
Mit Hilfe der Philologie wird dem unumgänglichen Bedürfnis nach Erschließung der Quellen, die so lange Zeit von der apologetischen Propaganda verhüllt und mystifiziert wurden, und dem Bedarf an einem gesicherten, definitiven Verzeichnis aller Manuskripte von Marx entsprochen. Die Philologie ist das unabdingbare Werkzeug, um Licht auf seine Texte zu werfen, ihren ursprünglichen, vielgestaltigen Problemhorizont nachzuzeichnen und die enorme Kluft zu vielen der Interpretationen und politischen Erfahrungen zu verdeutlichen, die sich zwar auf Marx beriefen, aber ein höchst reduktives Bild von ihm überliefert haben. Marx lesen, mit dem Ziel, die Genese der Schriften und ihren historischen Entstehungszusammenhang zu rekonstruieren, ihrem durchgängig multidisziplinären Charakter Rechnung zu tragen und zu verdeutlichen, wie tief wir geistig in seiner Schuld stehen – das ist die mühevolle Aufgabe, die sich der neuen Marx-Forschung stellt. Um sie zu verwirklichen, bedarf es einer permanent kritischen Haltung, fern der irreführenden Beeinflussung durch die Ideologie.
Doch fehlt es dem marxschen Werk nicht nur an einer angemessenen kritischen Interpretation, die seinem Genie gerecht werden würde. Es ist vielmehr auch ein Werk auf ständiger Suche nach einem Autor. Zu glauben, das theoretische und politische Erbe von Marx könne auf eine Vergangenheit verwiesen werden, die den heutigen Konflikten nichts mehr zu sagen hat, es könne auf die Funktion eines mummifizierten Klassikers ohne Belang für die heutige Zeit begrenzt oder in ein rein spekulatives Fachwissen eingesperrt werden, wäre ein ebenso irriges Unterfangen wie seine Verwandlung in die Sphinx des grauen ‘Realsozialismus’ des 20. Jahrhunderts.
In ihren Grenzen und Ansprüchen gehen seine Reflexionen weit über den Bereich der akademischen Disziplinen hinaus. Ohne das Denken von Marx würden uns die Begriffe für Verständnis und Beschreibung der zeitgenössischen Welt fehlen, ebenso wie die kritischen Instrumente, um dem herrschenden Credo entgegenzutreten, das besagt, die Gegenwart lasse sich im antihistorischen Gewand der naturhaften Unwandelbarkeit darstellen.
Ohne Marx wären wir zu einer wahren Sprachlosigkeit der Kritik verurteilt. Man sollte sich nicht durch seine scheinbare Inaktualität, durch das einstimmige Dogma täuschen lassen, welches mit Sicherheit festsetzt, dass er bald in Vergessenheit geraten wird. Die Sache der menschlichen Emanzipation wird ihn immer noch brauchen.
Als unübertroffener Kritiker des kapitalistischen Produktionssystems wird Karl Marx bis zu seiner Überwindung grundlegend bleiben. Sein «Gespenst» wird weiterhin umgehen in der Welt und die Menschheit noch lange bewegen.

 

Uebersetzung aus italienisch Leonie Schroeder

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Odissea e nuove prospettive dell’opera di Marx

I. Incompiutezza versus sistematizzazione
Pochi uomini hanno scosso il mondo come Karl Marx. Alla sua scomparsa, passata pressoché inosservata, fece immediatamente seguito, con una rapidità che nella storia ha rari esempi ai quali poter essere confrontata, l’eco della fama. Ben presto, il nome di Marx fu sulle bocche dei lavoratori di Chicago e Detroit, così come su quelle dei primi socialisti indiani a Calcutta. La sua immagine fece da sfondo al congresso dei bolscevichi a Mosca dopo la rivoluzione. Il suo pensiero ispirò programmi e statuti di tutte le organizzazioni politiche e sindacali del movimento operaio, dall’intera Europa sino a Shanghai. Le sue idee hanno irreversibilmente stravolto la filosofia, la storia, l’economia.

Eppure, nonostante l’affermazione delle sue teorie, trasformate nel XX secolo in ideologia dominante e dottrina di Stato per una gran parte del genere umano e l’enorme diffusione dei suoi scritti, egli rimane, ancora oggi, privo di un’edizione integrale e scientifica delle proprie opere. Tra i più grandi autori, questa sorte è toccata esclusivamente a lui.

Ragione primaria di questa particolarissima condizione risiede nel carattere largamente incompleto della sua opera. Se si escludono, infatti, gli articoli giornalistici editi nel quindicennio 1848-1862, gran parte dei quali destinati al «New-York Tribune», all’epoca uno dei più importanti quotidiani del mondo, i lavori pubblicati furono relativamente pochi, se comparati ai tanti realizzati solo parzialmente ed all’imponente mole di ricerche svolte. Emblematicamente, quando nel 1881, in uno dei suoi ultimi anni di vita, Marx fu interrogato da Karl Kautsky, circa l’opportunità di un’edizione completa delle sue opere, egli rispose: «queste dovrebbero prima di tutto essere scritte» [3].

Marx lasciò, dunque, molti più manoscritti di quanti non ne diede invece alle stampe. Contrariamente a come in genere si ritiene, la sua opera fu frammentaria e talvolta contraddittoria, aspetti che ne evidenziano una delle caratteristiche peculiari: l’incompiutezza. Il metodo oltremodo rigoroso e l’autocritica più spietata, che determinarono l’impossibilità di condurre a termine molti dei lavori intrapresi; le condizioni di profonda miseria ed il permanente stato di cattiva salute, che lo attanagliarono per tutta la vita; l’inestinguibile passione conoscitiva, che restò inalterata nel tempo spingendolo sempre verso nuovi studi; ed infine, la gravosa consapevolezza acquisita con la piena maturità della difficoltà di rinchiudere la complessità della storia in un progetto teorico, fecero proprio dell’incompiutezza la fedele compagna e la dannazione dell’intera produzione di Marx e della sua stessa esistenza. Il colossale piano della sua opera non fu portato a termine che per un’esigua parte, risolvendo in un fallimento letterario le sue incessanti fatiche intellettuali, che non per questo si mostrarono meno geniali e feconde di straordinarie conseguenze.

Tuttavia, nonostante la frammentarietà del Nachlass [lascito] di Marx e la sua ferma contrarietà ad erigere un’ulteriore dottrina sociale, l’opera incompiuta fu sovvertita e un nuovo sistema, il «marxismo», poté sorgere. Dopo la morte di Marx, avvenuta nel 1883, fu Friedrich Engels a dedicarsi per primo alla difficilissima impresa, stante la dispersività dei materiali, l’astrusità del linguaggio e l’illeggibilità della grafia, di dare alle stampe l’eredità letteraria dell’amico. Il lavoro si concentrò sulla ricostruzione e selezione degli originali, sulla pubblicazione dei testi inediti o incompleti e, contemporaneamente, sulle riedizioni e traduzioni degli scritti già noti.

Anche se vi furono delle eccezioni, come nel caso delle Tesi su Feurbach, edite nel 1888 in appendice al suo Ludwig Feuerbach e il punto d’approdo della filosofia classica tedesca, e della Critica al programma di Gotha, uscita nel 1891, Engels privilegiò quasi esclusivamente il lavoro editoriale per il completamento de Il capitale, del quale era stato portato a termine soltanto il libro primo. Questo impegno, durato oltre un decennio, fu perseguito con il preciso intento di realizzare «un’opera organica e il più possibile compiuta». Tale scelta, seppur rispondente ad esigenze comprensibili, produsse il passaggio da un testo parziale e provvisorio, composto in molte parti da «pensieri scritti in statu nascendi» e da appunti preliminari che Marx era solito riservarsi per ulteriori elaborazioni dei temi trattati, ad un altro unitario, dal quale originava la parvenza di una teoria economica sistematica e conclusa. Così, nel corso della sua attività redazionale, basata sulla cernita di quei testi che si presentavano non come versioni finali quanto, invece, come vere e proprie varianti e sulla esigenza di uniformarne l’insieme, Engels più che ricostruire la genesi e lo sviluppo del secondo e del terzo libro de Il capitale, ben lontani dalla loro definitiva stesura, consegnò alle stampe dei volumi finiti [4].

D’altronde, in precedenza, egli aveva contribuito a generare un processo di sistematizzazione teorica già direttamente con i suoi scritti. L’Anti-Dühring, apparso nel 1878, da lui definito l’«esposizione più o meno unitaria del metodo dialettico e della visione comunista del mondo rappresentati da Marx e da me» [5], divenne il riferimento cruciale nella formazione del «marxismo» come sistema e nella differenziazione di questo dal socialismo eclettico, in quel periodo prevalente.

Ancora maggiore incidenza ebbe L’evoluzione del socialismo dall’utopia alla scienza, rielaborazione, a fini divulgativi, di tre capitoli dello scritto precedente che, pubblicata per la prima volta nel 1880, conobbe fortuna analoga a quella del Manifesto del partito comunista. Seppur vi fu una netta distinzione tra questo tipo di volgarizzazione, compiuta in aperta polemica con le scorciatoie semplicistiche delle sintesi enciclopediche, e quello di cui si rese invece protagonista la successiva generazione della socialdemocrazia tedesca, il ricorso di Engels alle scienze naturali aprì la strada alla concezione evoluzionistica che, di lì a poco, si sarebbe affermata anche nel movimento operaio.

Il pensiero di Marx, pur se a volte attraversato da tentazioni deterministiche, indiscutibilmente critico ed aperto, cadde sotto i colpi del clima culturale dell’Europa di fine Ottocento, pervaso, come non mai, da concezioni sistematiche, prima tra tutte il darwinismo. Per rispondere ad esse ed al bisogno di ideologia che avanzava anche tra le file del movimento dei lavoratori, il neonato «marxismo», che andava sempre più estendendosi da teoria scientifica a dottrina politica – divenuto precocemente ortodossia sulle pagine della rivista «Die Neue Zeit» diretta da Kautsky – assunse rapidamente medesima conformazione sistemica. In questo contesto, la diffusa ignoranza ed avversione all’interno del partito tedesco nei riguardi di Hegel, vero e proprio arcano impenetrabile, e della sua dialettica, ritenuta finanche «l’elemento infido della dottrina marxista, l’insidia che intralcia ogni considerazione coerente delle cose» [6], giocarono un ruolo decisivo.

Ulteriori fattori che contribuirono a consolidare definitivamente la trasformazione dell’opera di Marx in sistema, sono rintracciabili nelle modalità che ne accompagnarono la diffusione. Com’è dimostrato dalla tiratura ridotta delle edizioni dell’epoca dei suoi testi, ne furono privilegiati opuscoli di sintesi e compendi molto parziali. Alcune delle sue opere, inoltre, recavano gli effetti delle strumentalizzazioni politiche. Comparvero, infatti, le prime edizioni rimaneggiate dai curatori, pratica che, favorita dall’incertezza del lascito marxiano, andò, in seguito, sempre più imponendosi insieme con la censura di alcuni scritti.

La forma manualistica, notevole veicolo di esportazione del pensiero di Marx nel mondo, rappresentò sicuramente uno strumento molto efficace di propaganda, ma anche l’alterazione fatale della concezione iniziale. La divulgazione della sua opera, dal carattere complesso ed incompiuto, nell’incontro col positivismo e per meglio rispondere alle esigenze pratiche del partito proletario, si tradusse, infine, in impoverimento e volgarizzazione del patrimonio originario [7], fino a renderlo irriconoscibile trasfigurandolo da Kritik a Weltanschauung.

Dallo sviluppo di questi processi, prese corpo una dottrina dalla schematica ed elementare interpretazione evoluzionistica, intrisa di determinismo economico: il «marxismo» del periodo della Seconda Internazionale (1889-1914). Guidata da una ferma quanto ingenua convinzione del procedere automatico della storia, e dunque dell’ineluttabile successione del socialismo al capitalismo, essa si mostrò incapace di comprendere l’andamento reale del presente e, rompendo il necessario legame con la prassi rivoluzionaria, produsse una sorta di quietismo fatalistico che si tramutò in fattore di stabilità per l’ordine esistente. Si palesava in questo modo la profonda lontananza da Marx, che già nella sua prima opera aveva dichiarato: «la storia non fa niente (…) non è la ‘storia’ che si serve dell’uomo come mezzo per attuare i propri fini, come se essa fosse una persona particolare; essa non è altro che l’attività dell’uomo che persegue i suoi fini» [8].

La «teoria del crollo», ovvero la tesi della fine incombente della società capitalistico-borghese, che ebbe nella crisi economica della Grande Depressione, dispiegatasi lungo il ventennio successivo al 1873, il contesto più favorevole per esprimersi, fu proclamata come l’essenza più intima del socialismo scientifico. Le affermazioni di Marx, volte a delineare i principi dinamici del capitalismo e, più in generale, a descriverne una tendenza di sviluppo, furono trasformate in leggi storiche universalmente valide dalle quali far discendere, sin nei particolari, il corso degli eventi.

L’idea di un capitalismo agonizzante, autonomamente destinato al tramonto, fu presente anche nell’impianto teorico della prima piattaforma interamente «marxista» di un partito politico, Il programma di Erfurt del 1891, e nel commento che ne fece Kautsky che enunciava come «l’inarrestabile sviluppo economico porta alla bancarotta del modo di produzione capitalistico con necessità di legge naturale. La creazione di una nuova forma di società al posto di quella attuale non è più solo qualcosa di desiderabile ma è diventata inevitabile» [9]. Esso fu la rappresentazione, più significativa ed evidente, dei limiti intrinseci all’elaborazione dell’epoca, nonché dell’abissale distanza prodottasi da colui che ne era stato l’ispiratore.

Lo stesso Eduard Bernstein, che concependo il socialismo come possibilità e non come ineluttabilità aveva segnato una discontinuità con le interpretazioni in quel periodo dominanti, operò una lettura di Marx altrettanto artefatta che non si discostava minimamente da quelle del tempo e contribuì a diffonderne, mediante la vasta risonanza che ebbe il Bernstein-Debatte, un’immagine egualmente alterata e strumentale.

Il «marxismo» russo, che nel corso del Novecento svolse un ruolo fondamentale nella divulgazione del pensiero di Marx, seguì questa traiettoria di sistematizzazione e volgarizzazione con un irrigidimento persino maggiore. Per il suo più importante pioniere, Gheorghi Plekhanov, infatti, «il marxismo è una completa concezione del mondo» [10], improntata ad un semplicistico monismo in base al quale le trasformazioni sovrastrutturali della società procedono in maniera simultanea alle modificazioni economiche. In Materialismo ed empiriocriticismo del 1909, Lenin definisce il materialismo come «il riconoscimento della legge obiettiva della natura, e del riflesso approssimativamente fedele di questa legge nella testa dell’uomo». La volontà e la coscienza del genere umano devono «inevitabilmente e necessariamente»[11] adeguarsi alla necessità della natura. Ancora una volta a prevalere è l’impostazione positivistica.

Dunque, a dispetto dell’aspro scontro ideologico apertosi durante quegli anni, molti degli elementi teorici caratteristici della deformazione operata dalla Seconda Internazionale trapassarono in quelli che avrebbero contrassegnato la matrice culturale della Terza Internazionale. Questa continuità si manifestò, con ancora più evidenza, in Teoria del materialismo storico, pubblicato nel 1921 da Nikolaj Bucharin, secondo il quale «sia nella natura che nella società, i fenomeni sono regolati da determinate leggi. Il primo compito della scienza è scoprire questa regolarità». L’esito di questo determinismo sociale, interamente incentrato sullo sviluppo delle forze produttive, generò una dottrina secondo la quale «la molteplicità delle cause che fanno sentire la loro azione nella società non contraddice affatto l’esistenza di una legge unica dell’evoluzione sociale» [12].

La critica di Antonio Gramsci, che si oppose a siffatta concezione, per la quale la «posizione del problema come una ricerca di leggi, di linee costanti, regolari, uniformi è legata a una esigenza, concepita in modo un po’ puerile e ingenuo, di risolvere perentoriamente il problema pratico della prevedibilità degli accadimenti storici», riveste particolare interesse. Il suo netto rifiuto a restringere la filosofia della praxis marxiana a grossolana sociologia, a «ridurre una concezione del mondo a un formulario meccanico che dà l’impressione di avere tutta la storia in tasca» [13], fu tanto più importante poiché si spingeva oltre lo scritto di Bucharin e mirava a condannare quell’orientamento assai più generale che sarebbe poi prevalso, in maniera incontrastata, in Unione Sovietica.

Con l’affermazione del «marxismo-leninismo», il processo di snaturamento del pensiero di Marx conobbe la sua definitiva manifestazione. La teoria fu estromessa dalla funzione di guida dell’agire, divenendone, viceversa, giustificazione a posteriori. Il punto di non ritorno fu raggiunto con il «Diamat» (Dialekticeskij materialzm), «la concezione del mondo del partito marxista-leninista». L’opuscolo di Stalin del 1938, Del materialismo dialettico e del materialismo storico, che ebbe una straordinaria diffusione, ne fissava i tratti essenziali: i fenomeni della vita collettiva sono regolati da «leggi necessarie dello sviluppo sociale», «perfettamente conoscibili»; «la storia della società si presenta come uno sviluppo necessario della società, e lo studio della storia della società diventa una scienza».

Ciò «vuol dire che la scienza della storia della società, nonostante tutta la complessità dei fenomeni della vita sociale, può diventare una scienza altrettanto esatta quanto, ad esempio, la biologia, capace di utilizzare le leggi di sviluppo della società per servirsene nella pratica» [14] e che, di conseguenza, compito del partito del proletariato è fondare la propria attività in base a queste leggi. È evidente come il fraintendimento intorno ai concetti di «scientifico» e «scienza» fosse giunto al suo culmine. La scientificità del metodo marxiano, fondata su criteri teorici scrupolosi e coerenti, fu sostituita con il modo di procedere delle scienze naturali che non contemperava contraddizione alcuna.

Accanto a questo catechismo ideologico, trovò terreno fertile il più rigido ed intransigente dogmatismo. Completamente estraneo ed avulso dalla complessità sociale, esso si sosteneva, come sempre accade quando si propone, con un’arrogante quanto infondata cognizione della realtà. Circa l’inesistente legame con Marx, basta ricordare il suo motto preferito: de omnibus dubitandum.

L’ortodossia «marxista-leninista» impose un’inflessibile monismo che non mancò di produrre effetti perversi anche sugli scritti di Marx. Inconfutabilmente, con la Rivoluzione Sovietica il «marxismo» visse un significativo momento di espansione e circolazione in ambiti geografici e classi sociali dai quali era, sino ad allora, stato escluso.

Tuttavia, ancora una volta, la diffusione dei testi, più che riguardare direttamente quelli di Marx, concerneva manuali di partito, vademecum, antologie «marxiste» su svariati argomenti. Inoltre, invalse sempre più la censura di alcune opere, lo smembramento e la manipolazione di altre, così come la pratica dell’estrapolazione e dell’astuto montaggio delle citazioni. A queste, il cui ricorso rispondeva a fini preordinati, venne destinato lo stesso trattamento che il brigante Procuste riservava alle sue vittime: se troppo lunghe venivano amputate, se troppo corte allungate.

In conclusione, il rapporto tra la divulgazione e la non schematizzazione di un pensiero, a maggior ragione per quello critico e volutamente non sistemico di Marx, tra la sua popolarizzazione e l’esigenza di non impoverirlo, è senz’altro impresa difficile da realizzare. In ogni caso a Marx non poté capitare di peggio.
Piegato da più parti in funzione di contingenze e necessità politiche, venne a queste assimilato e nel loro nome vituperato. La sua teoria, da critica quale era, fu utilizzata a mo’ di esegesi di versetti biblici.

Nacquero così i più impensabili paradossi. Contrario a «prescrivere ricette (…) per l’osteria dell’avvenire» [15], fu trasformato, invece, nel padre illegittimo di un nuovo sistema sociale. Critico rigorosissimo e mai pago di punti d’approdo, divenne la fonte del più ostinato dottrinarismo. Strenuo sostenitore della concezione materialistica della storia, è stato sottratto al suo contesto storico più d’ogni altro autore. Certo «che l’emancipazione della classe operaia dev’essere opera dei lavoratori stessi» [16], venne ingabbiato, al contrario, in una ideologia che vide prevalere il primato delle avanguardie politiche e del partito nel ruolo di propulsori della coscienza di classe e di guida della rivoluzione. Convinto assertore dell’abolizione dello Stato, si ritrovò ad esserne identificato come suo baluardo. Interessato come pochi altri pensatori al libero sviluppo delle individualità degli uomini, affermando, contro il diritto borghese che cela le disparità sociali dietro una mera uguaglianza legale, che «il diritto, invece di essere uguale, dovrebbe essere diseguale» [17], è stato accomunato ad una concezione che ha neutralizzato la ricchezza della dimensione collettiva nell’indistinto dell’omologazione.

L’incompiutezza originaria del grande lavoro critico di Marx soggiacque alle spinte della sistematizzazione degli epigoni che produssero, inesorabilmente, lo snaturamento del suo pensiero sino ad obliterarlo ed a divenirne sua manifesta negazione.

II. Un autore misconosciuto
«Gli scritti di Marx ed Engels (…) furon essi mai letti per intero da nessuno, il quale si trovasse fuori dalla schiera dei prossimi amici ed adepti, e quindi, dei seguaci e degl’interpreti diretti degli autori stessi?» Così Antonio Labriola andava interrogandosi, nel 1897, su quanto fosse sino ad allora conosciuto delle loro opere. Le sue conclusioni furono inequivocabili: «il leggere tutti gli scritti dei fondatori del socialismo scientifico è parso fino ad ora come un privilegio da iniziati»; il «materialismo storico» era giunto fra i popoli di lingue neolatine «attraverso una infinità di equivoci, di malintesi di alterazioni grottesche, di strani travestimenti e di gratuite invenzioni» [18]. Un «marxismo» immaginario.

In effetti, come poi dimostrato dalla successiva ricerca storiografica, la convinzione che Marx ed Engels fossero stati veramente letti è stata il frutto di una leggenda agiografica. Al contrario, molti dei loro testi erano rari o irreperibili anche in lingua originale e, dunque, l’invito dello studioso italiano: dare vita ad «una edizione completa e critica di tutti gli scritti di Marx ed Engels», indicava un’ineludibile necessità generale. Per Labriola, non bisognava compilare antologie, bensì «tutta la operosità scientifica e politica, tutta la produzione letteraria, sia pur essa occasionale, dei due fondatori del socialismo critico, deve essere messa alla portata dei lettori (…) perché essi parlino direttamente a chiunque abbia voglia di leggerli» [19]. Oltre un secolo dopo il suo auspicio, questo progetto non è stato ancora realizzato.

Accanto a queste valutazioni prevalentemente filologiche, Labriola ne avanzava altre di carattere teorico, di sorprendente lungimiranza in relazione all’epoca nella quale visse. Egli considerava tutti gli scritti ed i lavori di circostanza di Marx ed Engels non portati a termine come «i frammenti di una scienza e di una politica, che è in continuo divenire». Per evitare di cercare al loro interno «ciò che non c’è, e non ci ha da essere», ovvero «una specie di volgata o di precettistica per la interpretazione della storia di qualunque tempo e luogo», essi potevano essere pienamente compresi solo se ricollegati al momento ed al contesto della loro genesi. Diversamente, coloro i quali «non intendono il pensare ed il sapere come operosità che sono in fieri», ossia «i dottrinari e i presuntuosi d’ogni genere, che han bisogno degl’idoli della mente, i facitori di sistemi classici buoni per l’eternità, i compilatori di manuali e di enciclopedie, cercheranno per torto e per rovescio nel marxismo ciò che esso non ha mai inteso di offrire a nessuno» [20]: una soluzione sommaria e fideistica ai quesiti della storia.

Naturale esecutore della realizzazione dell’opera omnia non avrebbe potuto essere che la Spd, detentrice del Nachlass e delle maggiori competenze linguistiche e teoriche. Tuttavia, i conflitti politici in seno alla Socialdemocrazia, non solo impedirono la pubblicazione dell’imponente e rilevante massa dei lavori inediti di Marx, ma produssero anche la dispersione dei suoi manoscritti, compromettendo ogni ipotesi di edizione sistematica. Incredibilmente il partito tedesco non ne curò alcuna, trattando l’eredità letteraria di Marx ed Engels con la massima negligenza. Nessuno tra i suoi teorici si occupò di stilare un elenco del lascito intellettuale dei due fondatori, composto da molti manoscritti incompleti e progetti incompiuti. Tanto meno vi fu chi si dedicò a raccogliere la corrispondenza, voluminosissima ma estremamente disseminata, pur essendo utilissima come fonte di chiarimento, quando non addirittura continuazione, dei loro scritti. La biblioteca, infine, contenente i libri da loro posseduti recanti gli interessanti marginalia e sottolineature, fu ignorata, dispersa e solo in seguito parzialmente ricostruita e catalogata.

La prima pubblicazione delle opere complete, la Marx Engels Gesamtausgabe (MEGA), prese avvio solamente negli anni Venti, per iniziativa di David Borisovič Rjazanov, principale conoscitore di Marx nel Novecento e direttore dell’Istituto Marx-Engels di Mosca. Anche quest’impresa, però, naufragò a causa delle tempestose vicende del movimento operaio internazionale che troppo spesso ostacolarono anziché favorire l’edizione dei loro testi. Le epurazioni dello stalinismo in Unione Sovietica, che s’abbatterono anche sugli studiosi che guidavano il progetto, e l’avvento del nazismo in Germania, portarono alla precoce interruzione dell’edizione, vanificando anche questo tentativo. Si produsse così la contraddizione assoluta della nascita di un’ideologia inflessibile che s’ispirava ad un autore la cui gigantesca opera era in parte ancora inesplorata. L’affermazione del «marxismo» e la sua cristallizzazione in corpus dogmatico precedettero la conoscenza di testi la cui lettura era indispensabile per comprendere la formazione e l’evoluzione del pensiero di Marx [21].

I principali lavori giovanili, infatti, furono dati alle stampe solo con la MEGA: Dalla critica della filosofia hegeliana del diritto pubblico nel 1927, i Manoscritti economico-filosofici del 1844 e L’ideologia tedesca nel 1932. Ancora successivamente, in tirature che riuscirono ad assicurare soltanto una scarsissima diffusione, furono pubblicati alcuni importanti lavori preparatori de Il capitale: nel 1933 il Capitolo VI inedito e tra il 1939 ed il 1941 i Grundrisse. Questi inediti, inoltre, come gli altri che seguirono, quando non celati nel timore che potessero erodere il cànone ideologico dominante, furono accompagnati da un’interpretazione funzionale alle esigenze politiche che, nella migliore delle ipotesi, apportava scontati aggiustamenti a quella già predeterminata e che mai si tradusse in seria ridiscussione complessiva dell’opera.

Il tortuoso processo della diffusione degli scritti di Marx e l’assenza di una loro edizione integrale, insieme con la primaria incompiutezza, il lavoro scellerato degli epigoni, le letture tendenziose e le più numerose non letture, sono le cause principali del grande paradosso: Karl Marx è un autore misconosciuto[22], vittima di una profonda e reiterata incomprensione. Lo è stato nel periodo durante il quale il «marxismo» era politicamente e culturalmente egemone, tale rimane ancora oggi[23].

III. Un’opera per l’oggi
Liberata dall’odiosa funzione di instrumentum regni, cui in passato è stata destinata, e dalla fallacia del «marxismo», dal quale viene definitivamente separata, l’opera di Marx, in parte ancora inedita, riemerge nella sua originale incompiutezza ed è riconsegnata ai liberi campi del sapere. Sottratta a sedicenti proprietari ed a costrittivi modi d’impiego, il pieno dispiegarsi della sua preziosa ed immensa eredità teorica è reso finalmente possibile.

Con l’ausilio della filologia trovano risposta l’esigenza non più eludibile di ricognizione delle fonti, per tanto tempo avvolte e mistificate dalla propaganda apologetica, ed il bisogno di disporre di un indice certo e definitivo di tutti i manoscritti di Marx. Essa si offre come imprescindibile mezzo per far luce sul suo testo, ristabilendone l’originario orizzonte problematico e polimorfo ed evidenziandone l’enorme divario con molte delle interpretazioni e delle esperienze politiche che, pur essendosi a lui richiamate, ne hanno trasmesso una percezione oltremodo sminuente.

Leggere Marx con l’intento di ricostruirne la genesi degli scritti e il quadro storico nel quale nacquero, di evidenziarne l’importanza del debito intellettuale dell’elaborazione, di considerarne il carattere costantemente multidisciplinare [24]: è l’impegnativo compito che la nuova Marx Forschung [la ricerca su Marx] ha innanzi a sé e che necessita, per essere perseguito, di un orientamento permanentemente critico e lontano dal fuorviante condizionamento dell’ideologia. Tuttavia, quella di Marx non è soltanto un’opera priva di un’adeguata interpretazione critica in grado di rendere giustizia al suo genio, ma è anche un’opera in costante ricerca d’autore.

Le riflessioni di Marx sono attraversate da una differenza irriducibile, da un carattere del tutto particolare rispetto a quelle della maggior parte degli altri pensatori. Esse racchiudono un inscindibile legame tra teoria e prassi e sono persistentemente rivolte ad un soggetto privilegiato e concreto: «il movimento reale che abolisce lo stato di cose presente», al quale viene affidato il «rovesciamento pratico dei rapporti sociali esistenti» [25].

Credere di poter relegare il patrimonio teorico e politico di Marx ad un passato che non avrebbe più niente da dire ai conflitti odierni, di circoscriverlo alla funzione di classico mummificato con un interesse inoffensivo per l’oggi o di rinchiuderlo in specialismi meramente speculativi, si rivelerebbe impresa errata al pari di quella che lo ha trasformato nella sfinge del grigio socialismo reale del Novecento. La sua opera conserva confini e pretese ben più vasti degli àmbiti delle discipline accademiche. Senza il pensiero di Marx mancherebbero i concetti per comprendere e descrivere il mondo contemporaneo, così come gli strumenti critici per invertire la subalternità al credo imperante che presume di poter raffigurare il presente con le sembianze antistoriche della naturalità e dell’immutabilità. Senza Marx saremmo condannati ad una vera e propria afasia critica.

Non tragga in inganno l’apparente inattualità, l’assoluto ed unanime dogma che ne decreta con certezza l’oblio. Le sue idee potranno invece suscitare nuovi entusiasmi e stimolare ulteriori feconde riflessioni. La causa dell’emancipazione umana dovrà ancora servirsi di lui. Critico ineguagliato del sistema di produzione capitalistico, Karl Marx sarà fondamentale fino al suo superamento. Il suo «spettro» è destinato ad aggirarsi per il mondo ed a far agitare l’umanità ancora per molto.

References
1. Il testo è un estratto dell’Introduzione al volume collettaneo Sulle tracce di un fantasma. L’opera di Karl Marx tra filologia e filosofia, a cura di Marcello Musto, Manifestolibri, Roma 2005.
2. Boris Nikolaevskij– Otto Maenchen-Helfen, Karl Marx. La vita e l’opera, Einaudi, Torino 1969, p. 7.
3. Hans Magnus Enzensberger (a cura di), Colloqui con Marx e Engels, Einaudi, Torino 1977, p. 438.
4. Le più recenti acquisizioni filologiche valutano che gli interventi eseguiti da Engels, durante il suo lavoro di curatore, sui manoscritti del secondo e del terzo libro de Il capitale, ammontano a circa cinquemila: una quantità di gran lunga superiore a quella sino ad oggi presunta.
5. Friedrich Engels, Anti-Dühring, Marx Engels Opere, vol. XXV, Editori Riuniti, Roma 1974, p. 6.
6. Eduard Bernstein, I presupposti del socialismo e i compiti della socialdemocrazia, Laterza, Bari 1968, p. 58.
7. Cfr. Franco Andreucci, La diffusione e la volgarizzazione del marxismo, in Aa. Vv., Storia del marxismo, vol. secondo, Einaudi, Torino 1979, p. 15.
8. Friedrich Engels-Karl Marx, La sacra famiglia, Marx Engels Opere, vol. IV, Editori Riuniti, Roma 1972, p. 103.
9. Karl Kautsky, Il programma di Erfurt, Samonà e Savelli, Roma 1971, p. 123.
10. Gheorghi Plekhanov, Le questioni fondamentali del marxismo, in Gheorghi Plekhanov, Opere Scelte, Edizioni Progress, Mosca 1985, p. 366.
11. Vladimir Ilic Lenin, Materialismo ed empiriocriticismo, in Vladimir Ilic Lenin, Opere complete, vol. XIV, Editori Riuniti, Roma 1963, pp. 152 e 185.
12. Nikolaj I. Bucharin, Teoria del materialismo storico, La Nuova Italia, Firenze 1977, pp. 16 e 252.
13. Antonio Gramsci, Quaderni del carcere, Einaudi, Torino 1975, pp. 1403 e 1428.
14. Josef Stalin, Del materialismo dialettico e del materialismo storico, Edizioni Movimento Studentesco, Milano 1973, pp. 919 e 926-927.
15. Karl Marx, Poscritto alla seconda edizione de Il capitale, Libro primo, Editori Riuniti, Roma 1964, p. 42.
16. Karl Marx, Statuti provvisori dell’Associazione internazionale degli operai, Marx Engels Opere, vol. XX, Editori Riuniti, Roma 1987, p. 14.
17. Karl Marx, Critica al programma di Gotha, Editori Riuniti, Roma 1990 (1976), p. 17.
18. Antonio Labriola, Discorrendo di socialismo e filosofia. Scritti filosofici e politici, Einaudi, Torino 1973, pp. 667-669.
19. Ivi , pp. 671-672.
20. Ivi , pp. 673-677.
21. Cfr. Maximilien Rubel, Marx critico del marxismo, Cappelli, Bologna, 1981, p. 88.
22. Sull’argomento è intervenuto di recente Lucien Sève, Penser avec Marx aujourd’hui, La Dispute, Paris 2004. Peccato che l’autore francese, nel suo tardo ravvedimento dal «marxismo» ufficiale, si sia guardato bene dal riconoscere i meriti – pur avendone plagiato molte argomentazioni – di colui che più di ogni altro ha denunciato questa realtà: Maximilien Rubel.
23. Accanto al misconoscimento «marxista», che si è voluto sin qui tratteggiare, andrebbe considerato anche quello «antimarxista» di parte liberale e conservatrice, ben più grave perché carico di prevenuta ostilità. Questo tema sarà oggetto di successivi approfondimenti.
24. In proposito si veda Bruno Bongiovanni, Leggere Marx dopo il marxismo, «Belfagor», n. 5 (1995), p. 590.
25. Friedrich Engels-Karl Marx, L’ideologia tedesca, Marx Engels Opere, vol. V, Editori Riuniti, Roma 1972, pp. 34 e 39.