Marx in Paris

Manuskripte und exzerpthefte aus dem jahr 1844

I. PARIS: Hauptstadt der neuen Welt
Paris ist ein «wunderbare[s] Ungeheuer, eine erstaunliche Verschlingung von Regungen, Maschinen und Gedanken, die Stadt der hunderttausend Romane, das Haupt der Welt»[1]. So beschrieb Balzac in einer seiner Erzählungen die Wirkung der französischen Hauptstadt auf alle, die sie nicht genau kannten.

In den Jahren vor der 1848er-Revolution war die Stadt bewohnt von Handwerkern und Arbeitern in ständigem politischem Aufruhr, Emigrantenkolonien, Revolutionären, Schriftstellern und Künstlern aus verschiedenen Ländern, und die soziale Gärung hatte eine Intensität erreicht, wie sie in wenigen anderen historischen Zeiten begegnet. Frauen und Männer mit unterschiedlichster geistiger Begabung publizierten Bücher, Zeitschriften und Journale, schrieben Gedichte, ergriffen in Versammlungen das Wort, diskutierten pausenlos in Cafés, auf der Straße, bei öffentlichen Banketten. Sie lebten an demselben Ort und beeinflussten sich wechselseitig [2].

Bakunin hatte beschlossen, ‘den Fuß über den Rhein zu setzen’, um «mit Einem Schlage mitten in den neuen Elementen [zu stehn], die in Deutschland noch gar nicht geboren sind. [Darunter in erster Linie] die Ausbreitung des politischen Denkens in alle Kreise der Gesellschaft» [3]. Von Stein meinte: «im Peuple selbst hatte ein eigenthümliches Leben begonnen, das neue Verbindungen erzeugte, auf neue Revolutionen sann» [4]. Ruge stellte fest: «Unsre Siege und unsre Niederlagen erleben wir in Paris» [5].

Paris war mit anderen Worten der Ort, an dem man sich in jenem präzisen historischen Moment aufhalten musste. Balzac bemerkte weiter: «kurz, die Pariser Straßen haben menschliche Eigenschaften und erregen durch ihr Aussehen bestimmte Vorstellungen in uns, gegen die wir nicht ankönnen»[6]. Viele dieser Vorstellungen machten auch auf Karl Marx großen Eindruck, der, fünfundzwanzigjährig, im Oktober 1843 in die Stadt gelangt war. Sie prägten seine intellektuelle Entwicklung zutiefst, die gerade während des Paris-Aufenthalts eine entscheidende Reifung durchmachte.

In die theoretische Offenheit, mit der Marx nach der journalistischen Erfahrung bei der Rheinischen Zeitung und nach seiner Abkehr vom Begriffshorizont von Hegels vernünftigem Staat und vom demokratischen Radikalismus nach Paris kam [7], traf die konkrete Begegnung mit dem Proletariat. Die Ungewissheit, die aus der schwierigen Atmosphäre der Zeit erwuchs, in der sich rasch eine neue sozialökonomische Wirklichkeit konsolidierte, schwand im Kontakt mit der Pariser Arbeiterklasse und ihren Arbeits- und Lebensbedingungen, mit denen Marx auf theoretischer Ebene wie in der Lebenserfahrung in Berührung kam.

Die Entdeckung des Proletariats und somit der Revolution; die Bejahung des Kommunismus, wenngleich noch in unbestimmter, halbutopischer Form; die Kritik an Hegels spekulativer Philosophie und an der hegelschen Linken; der erste Entwurf der materialistischen Geschichtsauffassung und die Anfänge einer Kritik der politischen Ökonomie – dies sind die Grundthemen, die Marx in jener Zeit entwickelte. In den nachstehenden Ausführungen werden die [Ökonomisch-philosophischen Manuskripte] [8], die während seines Paris-Aufenthalts entstanden, mit Blick auf die mit ihnen verknüpften philologischen Fragen untersucht, während die kritische Interpretation seiner berühmten Jugendschrift gewollt ausgespart wird.

II. DER WEG ZUR POLITISCHEN ÖKONOMIE
Schon während der Mitarbeit an der «Rheinischen Zeitung» hatte Marx sich mit einzelnen ökonomischen Fragen befasst, wenngleich stets vom juristischen und politischen Standpunkt. Daraufhin gelangte er in den 1843 in Kreuznach entwickelten Gedanken, aus denen das Manuskript [Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie] hervorging, zur ersten Formulierung der Relevanz des ökonomischen Faktors in den gesellschaftlichen Verhältnissen, denn er hatte die bürgerliche Gesellschaft in der Schrift als reale Basis des politischen Staats konzipiert [9]. Doch erst in Paris nahm er ein «gewissenhaftes kritisches Studium der Nationalökonomie» [10] in Angriff, getrieben von der Widersprüchlichkeit des Rechts und der Politik, die in deren Bereich nicht lösbar waren, das heißt von der Unfähigkeit beider, Antworten auf die gesellschaftlichen Probleme zu geben. Entscheidenden Einfluss hatten dabei die Betrachtungen, die Engels in den Umrissen zu einer Kritik der Nationalökonomie, einem der beiden im ersten und einzigen Band der «Deutsch-französischen Jahrbücher» von ihm erschienenen Artikel, angestellt hatte. Von diesem Moment an richteten sich Marx’ vorwiegend philosophische, politische und historische Untersuchungen auf diese neue Disziplin, die der Brennpunkt seiner wissenschaftlichen Untersuchungen und Bemühungen wurde. Er steckte damit einen neuen Horizont ab, von dem er sich nie wieder abwenden wird [11].

Unter dem Einfluss von Über das Geldwesen von Hess, der den Begriff der Entfremdung von der spekulativen auf die sozioökonomische Ebene übertragen hatte, konzentrierten sich die entsprechenden Analysen in einer ersten Phase auf die Kritik der Vermittlung des Geldes, die der Verwirklichung des menschlichen Wesens entgegenstand. In der Polemik gegen Bruno Bauers Zur Judenfrage betrachtet Marx jene Vermittlung als gesellschaftliches Problem, das die philosophische und historisch-soziale Voraussetzung der gesamten kapitalistischen Zivilisation darstellt. Der Jude ist Metapher und historische Avantgarde der Beziehungen, die diese hervorbringt, seine weltliche Figur wird Synonym für den Kapitalisten tout court [12].

Kurz darauf weihte Marx das neue Studienfeld mit einer großen Menge von Lektüren und kritischen Aufzeichnungen ein, die er, wie wir weiter unten genauer ausführen werden, abwechselnd in den Manuskripten und Exzerptheften niederschrieb, die er gewöhnlich zu den von ihm gelesenen Texten angelegte. Den Leitfaden seiner Arbeit bildete das Bedürfnis, die größte Mystifizierung der politischen Ökonomie – die These, wonach ihre Kategorien allezeit und allerorts gültig seien – als solche sichtbar zu machen und anzufechten. Marx war zutiefst betroffen von der Blindheit der Ökonomen, ihrem Mangel an historischem Sinn, denn in Wahrheit suchten sie dergestalt die Unmenschlichkeit der ökonomischen Bedingungen der Zeit im Namen ihrer Natürlichkeit zu verhüllen und zu rechtfertigen. Im Kommentar zu einem Text von Say merkte er an:

«Privateigenthum ist ein factum, dessen Begründung die Nationalökonomie nichts angeht, welches aber ihre Grundlage bildet. […] Die ganze Nationalökonomie beruht also auf einem factum ohne Nothwendigkeit» [13]. Ähnlich äußerte er sich in den [Ökonomisch-philosophischen Manuskripten], in denen er unterstrich: «Die Nationalökonomie geht vom Faktum des Privateigentums aus. Sie erklärt uns dasselbe nicht» [14]. «Er [der Nationalökonom] unterstellt in der Form der Tatsache, des Ereignisses, was er deduzieren soll» [15].

Die politische Ökonomie betrachtet die Ordnung des Privateigentums, die mit ihr verknüpfte Produktionsweise und die entsprechenden ökonomischen Kategorien folglich als unwandelbar und ewig gültig. Der Mensch als Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft erscheint als natürlicher Mensch. «Wenn man von Privateigentum spricht, so glaubt man es mit einer Sache außer dem Menschen zu tun zu haben» [16], kommentiert Marx, der diese Ontologie des Tausches mit aller denkbaren Schärfe ablehnte.

Gestützt auf mancherlei gründliche historische Untersuchungen, die ihm einen ersten Interpretationsschlüssel für die zeitliche Entwicklung der Gesellschaftsstrukturen geliefert hatten, und unter Aneignung derjenigen Einsichten Proudhons, die er für die treffendsten hielt, nämlich dessen Kritik an der Vorstellung vom Eigentum als Naturrecht, gewann Marx stattdessen die zentrale Einsicht von der Vorläufigkeit der Geschichte. Die bürgerlichen Ökonomen hatten die Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als ewige Gesetze der menschlichen Gesellschaft präsentiert. Marx dagegen machte die spezifische Natur der Verhältnisse seiner Zeit, «[d]ie zerrißne Wirklichkeit der Industrie» [17], zu seinem ausschließlichen und spezifischen Untersuchungsgegenstand, unterstrich deren Vorläufigkeit, ihren Charakter eines historisch gewordenen Stadiums und machte sich an die Suche nach den Widersprüchen, die der Kapitalismus hervorruft und die zu seiner Überwindung führen.

Diese andere Auffassungsweise der gesellschaftlichen Verhältnisse hatte wichtige Folgen, worunter die auf den Begriff der entfremdeten Arbeit bezogene fraglos die bedeutsamste war. Im Gegensatz zu den Ökonomen, wie auch zu Hegel, die sie als natürliche, unwandelbare Bedingung der Gesellschaft begriffen, ging Marx einen Weg, in dessen Verlauf er die anthropologische Dimension der Entfremdung zurückwies und eine sozialhistorisch begründete Auffassung an ihre Stelle setzte, welche das Phänomen auf eine bestimmte Struktur der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse zurückführte: auf die menschliche Entfremdung unter den Bedingungen der Industriearbeit.

Die begleitenden Aufzeichnungen zu den Exzerpten aus James Mill verdeutlichen, «wie die Nationalökonomie die entfremdete Form des geselligen Verkehrs als die wesentliche und ursprüngliche und der menschlichen Bestimmung entsprechende fixirt» [18]. Alles andere als eine konstante Bedingung der Vergegenständlichung, der Produktion des Arbeiters, ist die entfremdete Arbeit für Marx Ausdruck der Gesellschaftlichkeit der Arbeit innerhalb der bestehenden Ordnung, der Arbeitsteilung, die den Menschen als «eine Drehmaschine» betrachtet, ihn «bis zur geistigen und physischen Mißgeburt […] umwandelt» [19].

In der Arbeitstätigkeit tritt die Besonderheit des Individuums zutage, es ist die Verwirklichung eines notwendigen Bedürfnisses, indes: «Diese Verwirklichung der Arbeit erscheint in dem nationalökonomischen Zustand als Entwirklichung des Arbeiters» [20]. Eigentlich wäre die Arbeit Selbstverwirklichung des Menschen, freie schöpferische Tätigkeit, «unter der Voraussetzung des Privateigenthums ist meine Individualität bis zu dem Punkte entäussert, daß diese Thätigkeit mir verhaßt, eine Qual und vielmehr nur der Schein einer Thätigkeit, darum auch eine nur erzwungene Thätigkeit und nur durch eine äusserliche zufällige Noth […] auferlegt ist» [21].

Marx gelangte zu diesen Schlüssen, indem er die geltenden Theorien der Wirtschaftswissenschaft sammelte, sie in ihren Bestandteilen kritisierte und ihre Ergebnisse umkehrte. Er widmete sich dieser Aufgabe mit intensivem, rastlosem Einsatz. Der Marx der Pariser Zeit ist ein lesehungriger Marx, der den Lektüren Tag und Nacht widmete. Es ist ein Marx voller Enthusiasmus und Projekte, der so umfängliche Arbeitspläne entwarf, dass er sie nie zu Ende führen konnte, der jedes seine jeweilige Frage betreffende Dokument studierte, um dann vom raschen Fortschritt seiner Erkenntnisse und den sich ändernden Interessen absorbiert zu werden, die ihn regelmäßig zu neuen Horizonten, neuen Vorsätzen und weiteren Untersuchungen führten [22].

Am linken Seine-Ufer plante er, eine Kritik der hegelschen Rechtsphilosophie zu verfassen, führte Studien zur Französischen Revolution durch, um eine Geschichte des Konvents zu schreiben, fasste eine Kritik der bestehenden sozialistischen und kommunistischen Lehren ins Auge. Dann stürzte er sich wie besessen ins Studium der politischen Ökonomie, das er plötzlich unterbrach, gepackt von dem vorrangigen Anliegen, das Terrain in Deutschland endgültig von der transzendenten Kritik von Bauer und Konsorten zu befreien, und schrieb sein erstes Werk:Die heilige Familie. Weitere tausend Vorsätze schlossen sich an.

Was immer es zu kritisieren gab, es ging durch seinen Kopf und seine Feder. Und doch war der schaffensfreudigste junge Mann der hegelschen Linken auch derjenige, der weniger publiziert hat, als viele andere. Die Unvollendetheit, die sein gesamtes Werk kennzeichnen wird, prägte bereits seine Arbeiten in dem Jahr in Paris. Seine Gewissenhaftigkeit war schier unglaublich. Er weigerte sich, einen Satz zu schreiben, wenn er ihn nicht auf zehn verschiedene Arten beweisen konnte [23]. Die Überzeugung, seine Informationen seien unzureichend, seine Bewertungen verfrüht, hinderte ihn in den meisten Fällen daran, seine Arbeiten in Druck zu geben, die somit Entwürfe, Fragmente blieben [24]. Seine Aufzeichnungen sind deshalb von unschätzbarem Wert. Sie lassen die Weitläufigkeit seiner Untersuchungen ermessen, geben einige seiner Reflexionen wieder und sind als integraler Bestandteil seines Werkes zu werten. Dies gilt auch für die Pariser Zeit, deren Manuskripte und Lektüreaufzeichnungen von der untrennbaren Verbindung zwischen Schriften und Notizen zeugen [25].

III. MANUSKRIPTE UND EXZERPTHEFTE: DIE PAPIERE VON 1844
Ihrer Unvollendetheit und der sie kennzeichnenden fragmentarischen Form zum Trotz wurden die [Ökonomisch-philosophischen Manuskripte] aus dem Jahre 1844 fast immer unter weitgehender Missachtung der mit ihnen verknüpften philologischen Probleme gelesen, die man entweder ganz übersah oder für wenig wichtig hielt [26]. Erst 1932 wurden sie erstmals integral veröffentlicht, und obendrein in zwei verschiedenen Ausgaben. In dem von den sozialdemokratischen Wissenschaftlern Landshut und Mayer besorgten Sammelband Der historische Materialismus erschienen sie unter dem Titel «Nationalökonomie und Philosophie»[27], in derMarx Engels Gesamtausgabe dagegen als «Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844» [28]. Nicht nur dem Titel nach unterschieden sich die beiden Publikationen, sondern auch inhaltlich und hinsichtlich der Reihenfolge der verschiedenen Teile, die sogar sehr große Differenzen aufwies. In der erstgenannten Ausgabe, die aufgrund der ungenauen Entzifferung des Originals von Fehlern strotzte, fehlte die erste Gruppe von Blättern, das sogenannte erste Manuskript, und irrtümlicherweise wurde ein viertes Manuskript, bei dem es sich in Wahrheit um eine Zusammenfassung des Schlusskapitels von Hegels Phänomenologie des Geistes handelt, Marx selber zugeschrieben [29].

Doch wurde bislang zu wenig beachtet, dass auch die Herausgeber der ersten MEGA dadurch, dass sie den Manuskripten einen Namen gaben, das Vorwort an den Anfang stellten – in Wirklichkeit steht es im dritten Manuskript – und sie insgesamt neu ordneten, glauben machten, Marx habe von Anfang an beabsichtigt, eine Kritik der politischen Ökonomie zu schreiben, und das Ganze sei ursprünglich in Kapitel unterteilt gewesen [30].

Außerdem war man allgemein von der unzutreffenden Vorstellung ausgegangen, Marx habe jene Texte erst geschrieben, nachdem er die Werke der politischen Ökonomie gelesen und zusammengefasst hatte [31], während sich im Schreibprozess in Wahrheit Manuskripte und Exzerpte abwechselten und letztere sogar die gesamte Pariser Produktion, von den Beiträgen für die «Deutsch-französischen Jahrbücher» bis zur Heiligen Familie, begleiteten.

Trotz ihrer offensichtlich problematischen Form, der Verwirrung, die die verschiedenen in Druck gegebenen Versionen gestiftet hatten, und des Bewusstseins, dass ein Großteil des zweiten, wichtigsten und leider verloren gegangenen Manuskripts fehlte, widmete sich keiner der Interpreten, Kritiker und Herausgeber neuer Editionen der erneuten Prüfung der Originale, die doch dringend notwendig war für einen Text, der in der Debatte zwischen den unterschiedlichen kritischen Marx-Interpretationen so schwer wog.

Die [Ökonomisch-philosophischen Manuskripte] entstanden zwischen Mai und August und können nicht als kohärentes, vorherbestimmtes und systematisch verfasstes Werk gelten. Die zahlreichen Interpretationen, die ihnen den Charakter einer fertigen Einstellung zuschrieben, sei es, dass sie die Vollendetheit von Marx’ Denken an ihnen hervorhoben, sei es, dass sie sie als Ausdruck einer bestimmten Auffassung im Gegensatz zu derjenigen der wissenschaftlichen Reife begriffen [32], werden durch die philologische Analyse widerlegt. Heterogen und weit davon entfernt, einen engen Zusammenhang zwischen den Teilen aufzuweisen, sind sie der offenkundige Ausdruck einer in Bewegung begriffenen Position. Die Art der Aneignung und Verwendung der Lektüren, aus denen Marx’ Denken sich speiste, lässt sich anhand der neun überlieferten Hefte mit über 200 Seiten Exzerpten und Kommentaren zeigen [33].

Die Pariser Hefte bewahren die Spuren von Marx’ Begegnung mit der politischen Ökonomie, ebenso wie die Entstehungsspuren seiner frühesten Ausarbeitungen einer ökonomischen Theorie. Aus dem Vergleich dieser Hefte mit den zeitgleichen veröffentlichten und unveröffentlichten Schriften geht die Bedeutung der Lektüren für die Entwicklung seiner Gedanken deutlich hervor [34]. Marx fertigte – um die Aufzählung auf die Autoren der politischen Ökonomie zu beschränken – Exzerpte aus Texten von Say, Schütz, List, Osiander, Smith, Skarbek, Ricardo, James Mill, MacCulloch, Prevost, Destutt de Tracy, Buret, de Boisguillebert, Law und Lauderdale an [35]. Außerdem nahm er in den [Ökonomisch-philosophischen Manuskripten], in den Artikeln und der Korrespondenz der Zeit auf Proudhon, Schulz, Pecquer, Loudon, Sismondi, Ganihl, Chevalier, Malthus, de Pompery und Bentham Bezug.

Die ersten Exzerpte aus dem Traité d’économie politique von Say, aus dem er ganze Teile herausschrieb, machte Marx, während er sich Grundkenntnisse der Ökonomie aneignete. Die einzige eigene Betrachtung wurde nachträglich hinzugefügt und steht auf der rechten Seite des Blattes, der er diese Funktion gewöhnlich vorbehielt. Auch mit den Zusammenfassungen aus den Recherches sur la nature et les causes de la richesse des nations von Smith, die zeitlich später entstanden, verfolgte er dasselbe Ziel, sich ökonomische Grundbegriffe zu erarbeiten. Obwohl es sich um die längsten Exzerpte handelt, findet sich in der Tat darin kaum ein Kommentar. Dennoch wird Marx’ Denken durch die Montage der Passagen und die oft auch andernorts von ihm angewandte Technik der Gegenüberstellung von divergierenden Thesen verschiedener Ökonomen klar. Von anderer Art sind dagegen die Exzerpte aus Des principes de l’économie politique et de l’impôt von Ricardo, in denen seine ersten Betrachtungen auftauchen.

Sie konzentrieren sich auf die Begriffe Wert und Preis, die er damals noch als gleichbedeutend fasste. Diese Gleichsetzung von Warenwert und Preisen entsprang der ursprünglichen Konzeption von Marx, wonach nur der durch den Wettbewerb erzeugte Tauschwert Wirklichkeit besaß, während er den natürlichen Preis als bloßes Hirngespinst ins Reich der Abstraktion verwies. Mit dem Fortgang seiner Studien tauchen derlei kritische Anmerkungen nicht mehr sporadisch auf, sondern wechseln mit den Zusammenfassungen der Werke ab, und mit fortschreitender Kenntnis, von Autor zu Autor, werden es immer mehr. Einzelne Sätze, dann breitere Ausführungen, bis sich das Verhältnis schließlich umkehrt, nachdem er sich im Zusammenhang mit den Éléments d’économie politique von James Mill auf die Kritik der Vermittlung des Geldes als völlige Herrschaft des entfremdeten Gegenstands über den Menschen konzentriert hat, und seine Texte nicht mehr die Exzerpte durchsetzen, sondern das genaue Gegenteil geschieht.

Auch ein Hinweis auf die weitere Verwendung jener Aufzeichnungen – zum Zeitpunkt ihrer Entstehung wie in späterer Zeit – erscheint nützlich, um die Bedeutung der Exzerpte zu veranschaulichen. Ein Teil von ihnen wurde 1844 im «Vorwärts!», der Zweiwochenschrift der deutschen Emigranten in Paris, publiziert, um zur intellektuellen Bildung der Leser beizutragen [36]. Da sie sehr erschöpfend waren, wurden sie aber von Marx, der die Gewohnheit besaß, seine Aufzeichnungen nach einiger Zeit erneut durchzulesen, vor allem in den ökonomischen Manuskripten von 1857-58, besser bekannt als [Grundrisse], in denen von 1861-63 und im ersten Buch des Kapitals weiterverwendet.

Marx entwickelte seine Gedanken also sowohl in den [Ökonomisch-philosophischen Manuskripten] wie in den Exzerptheften zu seinen Lektüren. Die Manuskripte sind voller Zitate, das erste ist fast eine Zitatsammlung, und die Hefte mit seinen Zusammenfassungen sind, obgleich stärker auf die gelesenen Texte konzentriert, mit seinen Kommentaren versehen. Der Inhalt beider, ebenso wie die Schreibmodalitäten – gekennzeichnet durch die Unterteilung der Blätter in Spalten –, die Seitennumerierung und der Zeitpunkt der Abfassung belegen, dass die [Ökonomisch-philosophischen Manuskripte] kein für sich stehendes Werk [37], sondern Teil seiner kritischen Produktion sind, welche in jener Zeit Exzerpte aus den von ihm studierten Texten, diesbezügliche kritische Überlegungen und Ausarbeitungen umfasst, die er ad hoc oder in durchdachterer Form zu Papier brachte. Die Manuskripte vom Rest zu trennen, sie aus ihrem Zusammenhang zu reißen, kann somit zu Interpretationsfehlern führen.

Nur die Gesamtheit all dieser Aufzeichnungen, zusammen mit der historischen Rekonstruktion ihrer Entstehung, verdeutlicht tatsächlich den Weg und die Komplexität seines kritischen Denkens während des intensiven Arbeitsjahrs in Paris [38].

IV. KRITIK DER PHILOSOPHIE UND KRITIK DER POLITIK
Der äußere Rahmen, in dem Marxens Ideen fortschritten, und der Einfluss, den er in theoretischer wie praktischer Hinsicht auf ihn hatte, verdienen eine weitere kurze Überlegung. Geprägt war er durch eine tief greifende sozioökonomische Transformation und vor allem durch die große Expansion des Proletariats. Mit der Entdeckung des Proletariats konnte Marx den hegelschen Begriff des bürgerlichen Staats in Klassenbegriffen zerlegen. Er erlangte zudem das Bewusstsein, dass das Proletariat eine neue Klasse war, die sich von den Armen unterschied, weil ihr Elend aus ihren Arbeitsbedingungen entsprang. Es handelte sich um die Demonstration eines Hauptwiderspruchs der bürgerlichen Gesellschaft: «Der Arbeiter wird um so ärmer, je mehr Reichtum er produziert, je mehr seine Produktion an Macht und Umfang zunimmt» [39].

Der schlesische Weberaufstand im Juni jenes Jahres bot Marx eine weitere Gelegenheit für die Entwicklung seiner Orientierung. In den Kritischen Randglossen zu dem Artikel “Der König von Preußen und die Sozialreform. Von einem Preußen“, die im «Vorwärts!» erschienen, ging er über die Kritik an Ruge und an einem vorher publizierten Artikel von ihm, worin jenem Kampf Mangel an politischem Geist angelastet wird, auf Distanz zur hegelschen Auffassung, die im Staat den einzigen Vertreter des allgemeinen Interesses sah und jede Bewegung der bürgerlichen Gesellschaft in den Bereich der Partialität und der Privatsphäre verwies [40]. Für Marx dagegen befindet sich «eine sociale Revolution […] auf dem Standpunkt des Ganzen» [41], und unter dem Eindruck jenes ausdrücklich revolutionären Ereignisses unterstrich er die Verblendung jener, die den Grund der sozialen Probleme «nicht im Wesen des Staats, sondern in einer bestimmten Staatsform» [42] suchten.

Überhaupt hielt er das Ziel der sozialistischen Lehren, die Reform der Gesellschaft, Lohngleichheit und eine neue Arbeitsorganisation innerhalb der kapitalistischen Ordnung für Vorschläge von Leuten, die noch Gefangene der von ihnen selbst bekämpften Voraussetzungen blieben (Proudhon) und die vor allem die wahre Beziehung zwischen Privateigentum und entäußerter Arbeit nicht verstanden. Es zeige sich, dass, «wenn das Privateigentum als Grund, als Ursache der entäußerten Arbeit erscheint, es vielmehr eine Konsequenz derselben ist» [43]. «Das Privateigentum ist also das Produkt, das Resultat, die notwendige Konsequenz der entäußerten Arbeit» [44]. Den sozialistischen Theorien setzte Marx den Plan zu einer radikalen Transformation des Wirtschaftssystems entgegen, demzufolge «das Kapital, […] “als solches” aufzuheben ist» [45].

Je näher jene Lehren seinem Denken standen, desto schärfer wurde seine Kritik, gestärkt durch das Bedürfnis, Klarheit zu schaffen. Die Ausarbeitung seiner Konzeption trieb ihn zum fortwährenden Vergleich zwischen den Ideen, die ihn umgaben, und den Ergebnissen seiner voranschreitenden Studien. Es war der rasche Gang seiner geistigen Reifung, der ihn dazu zwang. Das gleiche Los wie andere Lehren traf auch die hegelsche Linke. Die Urteile über ihre Vertreter waren sogar besonders streng, weil sie auch Selbstkritik an der eigenen Vergangenheit waren. In der «Allgemeinen Literatur-Zeitung», der von Bruno Bauer herausgegebenen Monatsschrift, wurde ein für alle Mal gefordert: «So entbehrt der Kritiker aller Freuden der Gesellschaft; aber auch ihre Leiden bleiben ihm fern […] er throne in der Einsamkeit» [46]. Für Marx dagegen ist «die Kritik keine Leidenschaft des Kopfs […]. Sie ist kein anatomisches Messer, sie ist eine Waffe. Ihr Gegenstand ist ihr Feind, den sie nicht widerlegen, sondern vernichten will. […] Sie gibt sich nicht mehr als Selbstzweck, sondern nur noch als Mittel» [47].

Entgegen dem Solipsismus der «kritischen Kritik» [48], die von der abstrakten Überzeugung ausging, wonach eine Entfremdung allein dadurch, dass man sie erkannte, auch schon überwunden sei, stand ihm klar vor Augen, dass «die materielle Gewalt […] gestürzt werden [muß] durch materielle Gewalt» [49] und das gesellschaftliche Sein nur durch die menschliche Praxis verändert werden kann. Die Entfremdung des Menschen zu entdecken, sich ihrer bewusst zu werden, musste gleichzeitig bedeuten, für ihre tatsächliche Aufhebung zu wirken. Es lässt sich kein größerer Abstand denken als der zwischen einer Philosophie, die sich in der spekulativen Isolierung verschloss und bloß fruchtlose Begriffsschlachten hervorbrachte, und seiner Kritik, die «im Handgemenge» ist [50]. Es ist derselbe Abstand, der die Suche nach der Freiheit des Selbstbewusstseins von der Suche nach der Freiheit der Arbeit trennt.

V. SCHLUSSFOLGERUNGEN
Marx’ Denken machte in dem zentralen Jahr in Paris eine entscheidende Entwicklung durch. Er war sich nunmehr gewiss, dass die Transformation der Welt eine praktische Frage war, «welche die Philosophie nicht lösen konnte, eben weil sie dieselbe als nur theoretische Aufgabe faßte» [51]. Von einer Philosophie, die dieses Bewusstsein nicht erlangt und sich nicht in die notwendige Philosophie der Praxis verwandelt hat, nahm er endgültig Abschied. Seine Analyse setzte fortan nicht mehr bei der Kategorie der entfremdeten Arbeit, sondern bei der Realität des Arbeiterelends an. Seine Schlüsse waren nicht spekulativer Art, sondern richteten sich auf das revolutionäre Tun [52].

Auch seine politische Auffassung wandelte sich zutiefst. Er übernahm keine der bestehenden, engstirnigen sozialistischen und kommunistischen Lehren, ging vielmehr zu ihnen auf Abstand und bildete das Bewusstsein heran, dass die ökonomischen Verhältnisse das Bindegewebe der Gesellschaft ausmachen. «Religion, Familie, Staat, Recht, Moral, Wissenschaft, Kunst etc. sind nur besondre Weisen der Produktion und fallen unter ihr allgemeines Gesetz» [53]. So büßte der Staat den Vorrang ein, den er in Hegels politischer Philosophie besaß, und wurde, von der Gesellschaft absorbiert, als bestimmte und nicht als bestimmende Sphäre der zwischenmenschlichen Beziehungen gedacht: «Nur der politische Aberglaube bildet sich noch heutzutage ein, daß das bürgerliche Leben vom Staat zusammengehalten werden müsse, während umgekehrt in der Wirklichkeit der Staat von dem bürgerlichen Leben zusammengehalten wird» [54].

Radikal veränderte sich auch seine Begrifflichkeit im Hinblick auf das revolutionäre Subjekt. Vom anfänglichen Hinweis auf die «leidende Menschheit» [55] gelangte Marx zur Ermittlung des Proletariats. Es wurde zunächst als abstrakter, auf dialektischen Antithesen fußender Begriff, als «passive[s] Element» [56] der Theorie betrachtet, um dann auf der Basis einer ersten sozialökonomischen Analyse zum aktiven Element seiner eigenen Befreiung zu werden, die einzige Klasse, die in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung über revolutionäres Potenzial verfügt.

Schließlich trat an die Stelle der noch vagen Kritik der politischen Vermittlung des Staates und der ökonomischen des Geldes – Hindernissen für die Verwirklichung des Gemeinwesens des Menschen Feuerbach’scher Prägung – die Kritik eines historischen Verhältnisses, die in der materiellen Produktion die Basis für jede Analyse und Transformation der Gegenwart zu skizzieren begann, «weil die ganze menschliche Knechtschaft in dem Verhältnis des Arbeiters zur Produktion involviert ist und alle Knechtschaftsverhältnisse nur Modifikationen und Konsequenzen dieses Verhältnisses sind» [57]. Marx erhob also keine generische Emanzipationsforderung mehr, sondern forderte die radikale Transformation des realen Produktionsprozesses.

Während er zu diesen Schlüssen gelangte, plante er weitere Arbeiten. Nach der Heiligen Familie setzte er seine Studien und Exzerpte zur politischen Ökonomie fort, umriss eine Kritik Stirners, entwarf [Die Entstehungsgeschichte des modernen Staats oder die französische Revolution] [58], machte Notizen zu Hegel, plante eine Kritik des deutschen Ökonomen List, die er kurz darauf realisierte. Er war unermüdlich. Engels drängte ihn, der Welt sein Material zur Verfügung zu stellen, denn «es ist verflucht hohe Zeit» [59], und Marx unterzeichnete vor seiner Ausweisung aus Paris [60] einen Vertrag mit dem Verleger Leske über die Veröffentlichung eines Bandes mit dem Titel «Kritik der Politik und Nationalökonomie» [61]. Doch wird man weitere 15 Jahre warten müssen, bis 1859 ein erster Teil seines Werks Zur Kritik der politischen Ökonomie in Druck gehen wird.

Die [Ökonomisch-philosophischen Manuskripte] und die Exzerpthefte geben den Sinn der ersten Schritte des Unterfangens wieder. Seine Schriften sind voll theoretischer Elemente, die von Vorläufern und Zeitgenossen herrühren. Keiner der Entwürfe und kein Werk jener Zeit lässt sich in eine bestimmte Disziplin einordnen. Es gibt keine rein philosophischen noch wesentlich ökonomische noch ausschließlich politische Schriften. Was aus all dem entspringt, ist kein neues System, kein homogenes Ganzes, sondern eine kritische Theorie.

Der Marx von 1844 besitzt die Fähigkeit, die Erfahrungen der Pariser Proletarierinnen und Proletarier mit Studien zur Französischen Revolution, die Lektüre von Smith mit den Einsichten Proudhons, den schlesischen Weberaufstand mit der Kritik der hegelschen Staatsauffassung, die Analyse des Elends von Buret mit dem Kommunismus zu verbinden. Es ist ein Marx, der diese unterschiedlichen Erkenntnisse und Erfahrungen aufzunehmen weiß und durch ihre Verknüpfung eine revolutionäre Theorie ins Leben ruft.

Sein Denken, namentlich die ökonomischen Überlegungen, die sich während des Paris-Aufenthalts herauszukristallisieren beginnen, sind nicht die Frucht einer plötzlichen Eingebung, sondern das Ergebnis eines Prozesses. Indem die lange Zeit herrschende marxistisch-leninistische Hagiografie dieses Denken mit unvertretbarer Unmittelbarkeit präsentiert und ein instrumentelles Endergebnis vorausbestimmt hat, hat sie seinen Erkenntnisweg entstellt und seine armseligste Reflexion wiedergegeben. Es geht dagegen darum, Entstehung, Einflüsse und Errungenschaften seiner Arbeiten zu rekonstruieren, um die Komplexität und den Reichtum eines Werks zu verdeutlichen, das dem kritischen Denken der Gegenwart noch immer etwas zu sagen hat.

ANHANG: CHRONOLOGISCHE TABELLE DER IN PARIS VON MARX VERFASSTEN EXZERPTHEFTE UND MANUSKRIPTE

ABfassungs-

Zeitraum

Inhalt der Hefte NACH-LASS Merkmale der Hefte
Zwischen Ende 1843 und Anfang 1844 R. Levasseur, Mémoires MH Die Seiten mit den Exzerpten sind in zwei Spalten unterteilt.
Zwischen Ende 1843 und Anfang 1844 J. B. Say, Traité d’économie politique B 19 Das großformatige Heft umfasst Seiten mit in zwei Spalten unterteilten Exzerpten: in der linken aus dem Traité von Say und in der rechten (die nach Abfassung von B 24 geschrieben wurde) aus Skarbek und dem Cours complet von Say.
Zwischen Ende 1843 und Anfang 1844 C. W. C. Schüz, Grundsätze der National-Ökonomie B 24 Großformatiges Heft, Seiten in zwei Spalten unterteilt.
Zwischen Ende 1843 und Anfang 1844 F. List, Das nationale System der politischen Ökonomie B 24
Zwischen Ende 1843 und Anfang 1844 H. F. Osiander, Enttäuschung des Publikums über die Interessen des Handels, der Industrie und der Landwirtschaft B 24
Zwischen Ende 1843 und Anfang 1844 H. F. Osiander, Über den Handelsverkehr der Völker B 24
Frühjahr 1844 F. Skarbek, Theorie des richesses sociales B 19
Frühjahr 1844 J. B. Say, Cours complet d’économie politique pratique B 19
Mai-Juni 1844 A. Smith, Recherches sur la nature et les causes de la richesse des nations B 20 Kleinformatiges Heft mit normaler Seitengestaltung.
Ende Mai-Juni 1844 K. Marx, Arbeitslohn; Gewinn des Capitals; Grundrente; [Entfremdete Arbeit und Privateigentum] A 7 Großformatiges Heft, Seiten in zwei bzw. drei Spalten unterteilt. Der Text umfasst Zitate aus Say, Smith, aus Die Bewegung der Production von Schulz, aus der Théorie nouvelle d’économie sociale et politique von Pecqueur, aus Solution du problème de la population et de la substance von Loudon und aus Buret.
Juni-Juli 1844 J. R. MacCulloch, Discours sur l’origine, les progrès, les objets particuliers, et l’importance de l’économie politique B 21 Kleinformatiges Heft, Seiten in zwei Spalten unterteilt, mit Ausnahme der Seite 11, die einen Abriss von Engels’ Artikel enthält.
Juni-Juli 1844 G. Prevost, Réflexions du traducteur sur le système de Ricardo B 21
Juni-Juli 1844 G. Prevost, Réflexions du traducteur sur le système de Ricardo B 21
Juni-Juli 1844 F. Engels, Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie B 21
Juni-Juli 1844 A. L. C. Destutt de Tracy, Éléments d’Idéologie B 21
Spätestens Juli 1844 K. Marx, [Das Verhältnis des Privateigentums] A 8 Auf großformatige, in zwei Spalten unterteilte Blätter geschriebener Text.
Zwischen Juli und August 1844 G. W. F. Hegel, Phänomenologie des Geistes A 9 (Hegel) Später in A 9 eingenähtes Blatt.
August 1844

K. Marx, [Privateigentum und Arbeit]; [Privateigentum und Kommunismus];[Kritik der Hegelschen Dialektik und Philosophie überhaupt]; [Privateigentum und Bedürfnisse]; [Zusätze]; [Teilung der Arbeit]; [Vorrede]; [Geld].

 

A 9 Großformatiges Heft. Der Text umfasst Zitate aus: Das entdeckte Christentum von Bauer, aus Smith, Destutt de Tracy, Skarbek, J. Mill, aus Goethes Faust, aus dem Timon von Athen von Shakespeare,sowie aus verschiedenen in der «Allgemeinen Literatur-Zeitung» erschienenen Artikeln von Bauer. Indirekt wird außerdem Bezug genommen auf: Engels, Say, Ricardo, Quesnay, Proudhon, Cabet, Villegardelle, Owen, Hess, Lauderdale, Malthus, Chevalier, Strauss, Feuerbach, Hegel und Weitling.
September 1844 D. Ricardo, Des principes de l’économie politique et de l’impôt B 23 Großformatiges Heft, Seiten in zwei, selten auch in drei Spalten unterteilt. Die ersten beiden Seiten mit Exzerpten aus Xenophon sind nicht in Spalten unterteilt.
September 1844 J. Mill, Éléments d’économie politique B 23
Zwischen Sommer 1844 und Januar 1845 E. Buret, De la misère des classes laborieuses en Angleterre et en France B 25 Kleinformatiges Heft mit normaler Seitengestaltung.
Zwischen Mitte September 1844 und Januar 1845 P. de Boisguillebert, Le détail de la France B 26 Großformatiges Heft mit Exzerpten aus Boisguillebert. Normale Seitengestaltung, mit Ausnahme weniger Seiten, die in zwei Spalten unterteilt sind.
Zwischen Mitte September 1844 und Januar 1845 P. de Boisguillebert, Dissertation sur la nature des richesses, de l’argent et des tributs B 26
Zwischen Mitte September 1844 und Januar 1845 P. de Boisguillebert, Traité de la nature, culture, commerce et intérêt des grains B 26
Zwischen Mitte September 1844 und Januar 1845 J. Law, Considération sur le numéraire et le commerce B 26
Zwischen Mitte September 1844 und Januar 1845 J. Lauderdale, Recherches sur la nature et l’origine de la richesse publique B 22 Großformatiges Heft, Seiten in zwei Spalten unterteilt.

References
1. Honoré de Balzac, Ferragus, das Haupt der Verschworenen, in: Geschichte der Dreizehn (Die großen Romane und Erzählungen, Bd. 7), Insel Verlag, Frankfurt/Main, Leipzig 1996, S. 21.
2. Vgl. Isaiah Berlin, Karl Marx. Sein Leben und sein Werk, Piper & Co Verlag, München 1959, S. 94 f.
3. Michail Bakunin, Ein Briefwechsel von 1843, MEGA², Dietz Verlag, Berlin 1982, I/2, S. 482.
4. Lorenz von Stein, Der Socialismus und Communismus des heutigen Frankreichs. Ein Beitrag zur Zeitgeschichte, Otto Wigand Verlag, Leipzig 1848, S. 509.
5. Arnold Ruge, Zwei Jahre in Paris. Etudien und Erinnerungen, Zentralantiquariat der DDR, Leipzig 1975, S. 59.
6. Honoré de Balzac, Ferragus, das Haupt der Verschworenen, a.a.O., S. 19.
7. «Nicht nur, daß eine allgemeine Anarchie unter den Reformern ausgebrochen ist, so wird jeder sich selbst gestehen müssen, daß er keine exacte Anschauung von dem hat, was werden soll», in Karl Marx, Ein Briefwechsel von 1843, MEGA² I/2, S. 486.
8. Im vorliegenden Beitrag stehen die unvollständigen Manuskripte von Marx, die von späteren Herausgebern veröffentlicht wurden, in eckigen Klammern.
9. «[D]er politische Staat kann nicht sein ohne die natürliche Basis der Familie und die künstliche Basis der bürgerlichen Gesellschaft; sie sind für ihn eine conditio sine qua non» (Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, MEGA² I/2, S. 9); «Familie und bürgerliche Gesellschaft sind die Voraussetzungen des Staats; sie sind die eigentlich Tätigen; aber in der Spekulation wird es umgekehrt» (ebd., S. 8). Genau hier steckt Hegels Fehler, der will, dass «der politische Staat nicht von der bürgerlichen Gesellschaft bestimmt wird, sondern umgekehrt sie bestimmt» (ebd., S. 100). Vgl. dazu Walter Tuchscheerer, Bevor „Das Kapital“ entstand, Akademie Verlag, Berlin 1968, S. 68.
10. Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, MEGA² I/2, S. 325.
11. Vgl. Maximilien Rubel, Introduction zu Karl Marx Œuvres. Economie II, Gallimard, Paris 1968, S. LIV-LV, der den Beginn des langen Alptraums von Marx’ ganzem Leben, die theoretische Besessenheit, von der er nie wieder lassen wird – die Kritik der Nationalökonomie – auf genau diesen Moment datiert.
12. Vgl. Walter Tuchscheerer, a.a.O, S. 76.
13. Karl Marx, Exzerpte aus Jean Baptiste Say: Traité d’economie politique, MEGA² IV/2, Dietz Verlag, Berlin 1981, S. 316-7.
14. Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, MEGA² I/2, S. 363.
15. Ebd., S. 364.
16. Ebd., S. 374.
17. Ebd., S. 384.
18. Karl Marx, Exzerpte aus James Mill: Élémens d’économie politique, MEGA² IV/2, S. 453.
19. Ebd., S. 456.
20. Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, MEGA I/2, S. 365.
21. Karl Marx, Exzerpte aus James Mill: Éléments d’économie politique, MEGA² IV/2, S. 466.
22. Vgl. diesbezüglich die Zeugnisse von Arnold Ruge: «Er liest sehr viel; er arbeitet mit ungemeiner Intensivität […] aber er vollendet nichts, er bricht überall ab und stürzt sich immer von neuem in ein endloses Büchermeer», «…wenn er sich krank gearbeitet und drei, ja vier Nächte hintereinander nicht ins Bett gekommen ist», A. Ruge an L. Feuerbach, Paris, 15. Mai 1844, in Hans Magnus Enzensberger (Hg.), Gespräche mit Marx und Engels, Insel Verlag, Frankfurt/Main 1973, S. 23-24. «Wenn Marx sich nicht durch Wüstheit, Hochmut und tolles Arbeiten umbringt und in kommunistischer Originalität nicht allen Sinn für einfache, noble Form verliert, so ist von seiner großen Belesenheit und selbst von seiner gewissenlosen Dialektik noch etwas zu erwarten […]. Er will immer das schreiben, was er zuletzt gelesen, liest dann aber immer wieder weiter und macht neue Exzerpte. Noch halte ich es für möglich, daß er ein recht großes und recht abstruses Buch fertigbringt, in das er alles hineinpropft, was er aufgehäuft hat». A. Ruge an M. Duncker, 29. August 1844, ebd., S. 31.
23. Vgl. das Zeugnis von Paul Lafargue, der Engels’ Erzählung über den Herbst 1844 wiedergibt: «Engels und Marx hatten die Gewohnheit angenommen, zusammen zu arbeiten; Engels, der doch die Genauigkeit bis zum Äußersten trieb, konnte dennoch manchmal über die Skrupulosität von Marx ungeduldig werden, der keinen Satz aufstellen wollte, den er nicht auf zehn verschiedene Arten beweisen konnte». P. Lafargue [1904], Herbst 1844, ebd., S. 32.
24. Vgl. Heinrich Bürgers: «Indessen, die scharfe Selbstkritik, die er gegen sich selbst zu üben gewohnt war, ließ ihn nicht zu dem größeren Werk kommen». H. Bürgers [1876], Herbst 1844/Winter 1845, ebd., S. 46-47.
25. Zu dieser komplizierten Beziehung vgl. David Rjazanov, Einleitung zu MEGA I/1.2, Marx-Engels-Verlag, Berlin 1929, S. XIX, der als erster auf die große Schwierigkeit einer klaren Grenzziehung zwischen bloßen Exzerptheften und als wahren Vorarbeiten zu betrachtenden Texten hingewiesen hat.
26. Vgl. Jürgen Rojahn, Marxismus – Marx – Geschichtswissenschaft. Der Fall der sog. „Ökonomisch-philosopischen Manuskripte aus dem Jahre 1844“, in International Review of Social History, Jg. XXVIII, 1983, Part 1, S. 20.
27. Karl Marx, Der historische Materialismus. Die Frühschriften, hg. von Siegfried Landshut und Jacob Peter Mayer, Alfred Kröner Verlag, Leipzig 1932, S. 283-375.
28. Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844, MEGA I/3, Marx-Engels-Verlag, Berlin 1932, S. 29-172.
29. Zum Beweis der Einordnungsschwierigkeiten erscheinen diese Seiten in der MEGA² sowohl in der ersten als auch in der vierten Abteilung. Vgl. MEGA² I/2, S. 439-444, und MEGA² IV/2, S. 493-500.
30. Vgl. Jürgen Rojahn, The emergence of a theory: the importance of Marx’s notebooks exemplified by those from 1844, «Rethinking Marxism», Bd. 14, Nr. 4 (2002), S. 33.
31. Diesem Irrtum erliegt beispielsweise David McLellan, Marx before marxism, Reprint Macmillan, London 1970, S. 163.
32. Ohne im Geringsten die endlose Debatte über diese Schrift von Marx nachzeichnen zu wollen, seien hier zwei der wichtigsten Arbeiten angeführt, in denen die genannten Positionen vertreten werden. Der erstgenannten Richtung gehören Landshut und Meyer an, die als erste in den [Ökonomisch-philosophischen Manuskripten] «in gewissem Sinne die zentralste Arbeit von Marx [erblickt haben, die…] den Knotenpunkt seiner ganzen Gedankenentfaltung bildet» und «im Kern das Kapital vorwegnimmt». Vgl. Karl Marx,Der historische Materialismus. Die Frühschriften, a.a.O., S. XIII und V. Der zweitgenannten ist dagegen Althussers berühmte These von der coupure épistémologique zuzurechnen; vgl. Louis Althusser, Für Marx, Suhrkamp, Frankfurt/Main 1968, S. 15.
33. Abgedruckt in MEGA², IV/2, S. 279-579, und MEGA², IV/3, Akademie Verlag, Berlin 1998, S. 31-110.
34. «Seine Manuskripte aus dem Jahr 1844 gingen geradewegs aus den Exzerpten jener Zeit hervor», in Jürgen Rojahn, The emergence of a theory: the importance of Marx’s notebooks exemplified by those from 1844, a.a.O, S. 33.
35. Marx las die englischen Ökonomen zu jener Zeit noch in französischer Übersetzung.
36. Vgl. Jacques Grandjonc, Marx et les communistes allemands à Paris 1844, Maspero, Paris 1974, S. 61-62, sowie den spätestens im November 1844 verfassten Brief von K. Marx an H. Börnstein, MEGA² III/I, Dietz Verlag, Berlin 1975, S. 248.
37. «Es besteht daher kein Anlaß, davon auszugehen, daß die “Manuskripte” einen eigenen Komplex für sich darstellen» (Jürgen Rojahn, Marxismus – Marx – Geschichtswissenschaft. Der Fall der sog. „Ökonomisch-philosopischen Manuskripte aus dem Jahre 1844“, a.a.O., S. 20).
38. Vgl. Jürgen Rojahn, The emergence of a theory: the importance of Marx’s notebooks exemplified by those from 1844, a.a.O., S. 45.
39. Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, MEGA² I/2, S. 364.
40. Vgl. Michael Löwy, La théorie de la révolution chez le jeune Marx, Maspero, Paris 1970, S. 41, Anm. 22.
41. Karl Marx, Kritische Randglossen zu dem Artikel “Der König von Preußen und die Sozialreform. Von einem Preußen“, MEGA² I/2, S. 462.
42. Ebd., S. 455.
43. Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, MEGA² I/2, S. 372-373.
44. Ebd., S. 372.
45. Ebd., S. 387.
46. Bruno Bauer (Hg.), «Allgemeine Literatur-Zeitung», Heft 6, Verlag von Egbert Bauer, Charlottenburg 1844, S. 32. Marx führt das Zitat, wenngleich nicht wörtlich, in seinem Brief an Ludwig Feuerbach vom 11. August 1844 an. Vgl. MEGA² III/1, Dietz Verlag, Berlin 1975, S. 65.
47. Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, MEGA ² I/2, S. 172.
48. Marx verwendet den Ausdruck in Die Heilige Familie zur Bezeichnung und Verspottung von Bruno Bauer und den anderen Junghegelianern, die an der «Allgemeinen Literatur-Zeitung» mitarbeiteten.
49. Ebd., S. 177.
50. Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, MEGA² I/2, S. 173.
51. Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, MEGA² I/2, S. 395.
52. Vgl. Ernest Mandel, Entstehung und Entwicklung der ökonomischen Lehre von Karl Marx (1843-1863), Europäische Verlagsanstalt/Europa Verlag, Frankfurt/Wien 1982, S. 156.
53. Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, MEGA² I/2, S. 390.
54. Friedrich Engels-Karl Marx, Die heilige Familie, Marx Engels Werke, Band 2, Dietz Verlag, Berlin 1962, S. 128.
55. Karl Marx, Ein Briefwechsel von 1843, MEGA² I/2, S. 479.
56. Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, MEGA² I/2, S. 178.
57. Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte, MEGA² I/2, S. 373-374.
58. Vgl. MEGA² IV/3, a.a.O, S. 11.
59. F. Engels an K. Marx, Anfang Oktober 1844, MEGA² III/I, Dietz Verlag, Berlin 1975, S. 245; vgl. außerdem F. Engels an K. Marx, um den 20. Januar 1845: «Mach daß Du mit Deinem nationalökonomischen Buch fertig wirst, wenn Du selbst auch mit Vielem unzufrieden bleiben solltest, es ist einerlei, die Gemüther sind reif und wir müssen das Eisen schmieden weil es warm ist», ebd., S. 260.
60. Auf Druck der preußischen Regierung erließen die französischen Behörden einen Ausweisungsbefehl gegen verschiedene Mitarbeiter des «Vorwärts!». Marx musste Paris am 1. Februar 1845 verlassen.
61. Marx Engels Werke, Band 27, Dietz Verlag, Berlin 1963, S. 669.
62. Die Chronologie umfasst alle von Marx während seines Paris-Aufenthalts von 1843-1845 verfassten Studienhefte (nicht berücksichtigt wurde daher das in der MEGA² IV/3, S. 5-30, erschienene [Notizbuch aus den Jahren 1844-1847], auch wenn es die höchst wichtigen [Thesen über Feuerbach] enthält). Da das Abfassungsdatum der Hefte oft ungewiss ist, wurde in vielen Fällen der Zeitraum angegeben, in dem sie vermutlich entstanden. Maßgeblich für die chronologische Ordnung ist das jeweilige Anfangsdatum der betreffenden Zeiträume. Außerdem hat Marx die Hefte nicht nacheinander verfasst, sondern bisweilen abwechselnd an ihnen geschrieben (s. B 19 und B 24). Aus diesem Grund wurde der Stoff entsprechend den verschiedenen Heftteilen geordnet. Für die Hefte mit den sogenannten [Ökonomisch-Philosophischen Manuskripten] von 1844 (A 7, A 8 und A 9) wird Marx als Autor genannt, während die Paragraphenüberschriften, die nicht von ihm stammen, sondern von den Herausgebern des Textes eingefügt wurden, in eckigen Klammern stehen. Werden in der vierten Spalte (Merkmale der Hefte) von den Autoren, die Marx zitiert, keine Werktitel genannt, so entsprechen sie stets den schon in der zweiten Spalte (Inhalt der Hefte) angeführten Titeln. Mit Ausnahme von MH, das sich imRossiiskii gosudarstvennyi arkhiv sotsial’no-politicheskoi istorii (RGASPI) Moskau befindet, werden sämtliche Hefte aus dieser Zeit im Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis (IISG) Amsterdam unter den in der dritten Spalte (Nachlass) angegebenen Siglen aufbewahrt.

Ich möchte Jürgen Rojahn meinen Dank aussprechen, der sich freundlicherweise der Durchsicht der chronologischen Tabelle angenommen und mir wertvolle Verbesserungsvorschläge geliefert hat. Für eventuelle Fehler zeichne ich selbstverständlich allein verantwortlich.

Journal:

Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge

Pub Info:

Vol. 2007, 178-196

Reference:

ISBN: 3-88619-667-4

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